Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Juli 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Zunächst einmal zum Ablauf der Prüfung: die Prüfung verlief in lassischer Reihenfolge (erst ZR, dann SR und ÖR). Der Prüfer prüfte von rechts nach links, wobei er auch mal Fragen freigab und gegen Ende der Prüfung von seiner Reihenfolge abwich. Man musste also stets damit rechnen, dass man doch mal unerwartet drankommen konnte bzw. man eine Frage beantworten durfte, die der gerade Geprüfte nicht beantworten konnte.
Hinsichtlich seiner Prüfung ist anzumerken, dass er sehr erpicht war Schlagworte sowie Definitionen zu den Tatbestandsmerkmalen zu hören. Oft war nicht klar, worauf er mit seinen Fragen eigentlich hinauswollte bzw. was ihm an der Antwort nicht ausgereicht hat. Im Zweifel also lieber etwas ausführlicher antworten, da er dann etwas schon genanntes aufgreifen kann. Insbesondere Argumente mit dem geschützten Rechtsgut der betroffenen Norm fand der Prüfer sehr gut bei strittigen Fragen.
Zur Prüfung selbst:
Es ging um eine Stiftung, die sich zur Aufgabe gemacht hat, jungen Straftätern zu helfen. Dafür hatte sie ein Schiff angemietet, dass dauerhaft vor Anker liegt. Auf dem Schiff leben neben den 33 jungen Straftätern auch noch der verantwortliche Kapitän K und der O, der für das Finanzielle und den Haushalt zuständig ist. Der O sollte Berichte an die Stiftung bzgl. des Bedarfs der Jugendlichen schicken. Dafür fertigte er 2 Berichte an um sich selbst einen Zusatzverdienst zu schaffen (einmal mit 33, einmal mit 45 Jugendlichen. O ließ K auf dem Bericht über die 33 und unbemerkt auch über die 45 Jugendlichen unterschreiben (per Durchdruck wegen des untergelegten Kohlepapiers unterschrieb K auf beiden). Daraufhin zahlte die Stiftung zu viel. Gefragt war nach der Strafbarkeit des O?
Lösung: Zunächst einmal wurden die in Betracht kommenden Normen genannt (§ 267, § 263 und § 266 StGB). Daraufhin begannen wir mit der Prüfung des § 267 StGB. Nachdem wir den Begriff der Urkunde definiert hatten, hielten wir uns lange mit der Frage auf, ob die Urkunde hier unecht ist oder nicht. Nachdem wir dies verneint hatten (mit dem Argument, dass letztlich der K unterschrieben hat und damit die Urkunde von demjenigen herrührt, der als ihr Aussteller hervorgeht), begannen wir die Prüfung von § 267, § 25 I Alt. 2 StGB. Hier machte der Prüfer nach der Frage, wie man Täterschaft und Teilnahme abgrenzt, einen kleinen Exkurs und fragte, welche Fallgruppen es bei der mittelbaren Täterschaft gibt (also wann ein Willens- oder Wissensdefizit beim Vordermann vorliegt -> Täter hinter dem Täter / Organisationsherrschaft / Vorsatzloses Handeln usw.). Wir kamen dann zur Prüfung zurück und bejahten die Urkundenfälschung in mittelbarer Täterschaft. Daraufhin begannen wir mit der Prüfung des Betrugs. Besonderen Wert legte der Prüfer bei der Prüfung auf das Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung. Nachdem das Merkmal definiert wurde, legte er den Schwerpunkt auf den Begriff „unmittelbare Vermögensminderung“ und fragte wann man von einer Unmittelbarkeit sprechen könne. Problematisch war hier die Frage, ob bei der Stiftung mit dem Zusenden des Geldes schon unmittelbar eine Vermögensminderung eingetreten ist. Dies wurde bejaht, da letztlich nun der O die Verfügungsgewalt und den Gewahrsam an der Sache hat (ähnlich eines Kassenwartes). Im Rahmen des Vermögensschadens wurde noch die Frage aufgeworfen, ob hier überhaupt ein solcher vorliegt, da die Stiftung für die Unterbringung der Jugendlichen keine Gegenleistung erhält. Wir bejahten dies trotzdem aufgrund der Zweckentfremdung des Geldes (Das Geld ging an O und nicht an die Jugendlichen).
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit wurde die Prüfung hier abgebrochen. Fragen zur StPO wurden keine gestellt.