Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juni 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Im Prüfungsgespräch ging es um das Arbeitsrecht. Zunächst war allgemein danach gefragt, wie ein Arbeitsverhältnis beendet werden kann: Gemäß § 620 Abs. 2-3 BGB bei unbestimmter Dauer durch Kündigung, sonst nach dem TzBfG mit dem Ablauf der Zeit für die es eingegangen ist. Außerdem durch Anfechtung, Aufhebungsvertrag, Auflösung durch das Arbeitsgericht gemäß § 9 Abs. 1 KSchG oder wegen § 613 S. 1 BGB regelmäßig durch den Tod des Arbeitnehmers.
Näher eingegangen wurde auf den Aufhebungsvertrag, wobei dazu verschiedenes gefragt wurde: Der Aufhebungsvertrag ist ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB, der gemäß § 623 BGB bei Arbeitsverhältnissen der Schriftform bedarf. Er wird zur Vermeidung von Widerrufsrechten in den Räumen des Arbeitgebers oder vor dem Arbeitsgericht geschlossen. Im letzteren Fall ist er zugleich eine Prozesshandlung i.S.d. § 278 ZPO. Er wird dann durch das Gericht protokolliert.
Dann wurde nach den Folgen des Todes des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers auf das Arbeitsverhältnis gefragt. Dabei kamen wir auf § 613 S. 1 und S. 2 und deren Verhältnis zu § 1922 BGB zu sprechen. Es zeigte sich, dass bei dem Tod des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis nach § 1922 BGB auf dessen Erben übergeht. Darin liegt keine Übertragung, so dass § 613 S. 2 BGB nicht anwendbar ist. Wissen hierzu wurde nicht vorausgesetzt, wohl aber das Auffinden der Normen und eine Argumentation anhand ihres Wortlauts und ihrer Systematik.
Dann ging es um Fragen der Befristung von Arbeitsverhältnissen. In einem kleinen Fall sollte zur Betreuung eines älteren Menschen eine Pflegekraft befristet beschäftigt werden. Dabei war der Zeitpunkt des Todes des älteren Menschen natürlich ungewiss. Gefragt war nach den vertraglichen Möglichkeiten, eine möglichst optimale Befristungsabrede zu treffen. Es sollte erkannt werden, dass ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 TzBfG auf den Tod des zu betreuenden Menschen befristet werden kann mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis dann gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG endet. Gesprochen wurde auch über die Folgen bei unwirksamer Befristung gemäß § 16 TzBfG. Wir kamen darauf zu sprechen, dass gemäß § 17 S. 2 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG die Rechtswirksamkeit der Befristung fingiert wird, wenn nicht rechtzeitig die Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Befristung erhoben wird. Außerdem wurde die Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB als weitere Gestaltungsmöglichkeit erwogen, jedoch wegen der Gewissheit des Ereignisses Tod abgelehnt. Damit kam nur noch die Einordnung als Befristung nach § 163 BGB in Betracht. Gefragt wurde dann noch nach dem Unterschied zwischen einer Befristung nach § 163 BGB und nach dem TzBfG.
Schließlich ging es darum, welche Auswirkungen die Freistellung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Befristung hat, wenn die Befristungsabrede unwirksam ist. Dann besteht Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Anspruchsgrundlage ist § 611a Abs. 2 BGB. Der § 615 S. 1 ist Ausnahme zu § 326 Abs. 1 BGB. Das gemäß § 293 BGB erforderliche ordnungsgemäße Angebot der Leistung ist wegen des Erfordernisses der Zuweisung der Arbeit durch den Arbeitgeber gemäß § 296 S. 1 BGB entbehrlich, wenn der Arbeitgeber durch die Freistellung konkludent zum Ausdruck bringt, diese Mitwirkungshandlung nicht vornehmen zu wollen.
Insgesamt wurden Grundlagenkenntnisse zum Arbeitsrecht, insbesondere zu den Verknüpfungen mit den Vorschriften des BGB und eine methodisch präzise Arbeit mit dem Gesetz erwartet.