Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland Pfalz vom November 2018

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland Pfalz im November 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6,4
Aktenvortrag 9
Prüfungsgespräch 10
Wahlfach 8
Endnote 7,2
Endnote (1. Examen) 9,0

Zur Sache:

 

Prüfungsthemen: aktuelle Fälle, ZPO und materielles Zivilrecht

Paragraphen: §17 HGB, §80 InsO, §160 ZPO, §127a BGB

Prüfungsgespräch: Diskussion, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Prüfer knüpfte an unserer Prüfung im öffentlichen Recht und fragte uns, wie ein Vergleich im Zivilverfahren geschlossen werden kann, welche Formerfordernisse einzuhalten sind. Es ging konkret um einen Grundstücksüberlassungsvertrag, der Gegenstand eines Vergleichs gewesen ist. Prüfer fragte zunächst, welchem Formerfordernis ein solcher Überlassungsvertrag genügen muss (§ 311b I 1 BGB  notarielle Beurkundung). Weiterhin wollte er von uns wissen, wieso ein gerichtlicher Vergleich einen solchen Vertrag zum Gegenstand haben kann, wenn der Vertrag doch der notariellen Beurkundung bedarf (§ 127a BGB  notarielle Beurkundung wird durch gerichtlichen Vergleich ersetzt). Ferner fragte Prüfer, auf welche Art und Weise ein gerichtlicher Vergleich zustande kommen kann (in der mündlichen Verhandlung, § 160 I, II, III Nr. 1 ZPO; außerhalb der mündlichen Verhandlung, § 278 VI ZPO). Hierzu wollte er wissen, welcher Sinn und Zweck mit dem Formerfordernis des § 278 VI 1 ZPO verfolgt wird.

Im Anschluss diktiert uns Prüfer einen recht kurzen, aber doch sehr verwirrenden Fall:
Der Insolvenzverwalter I (über das Vermögen des X-GmbH) reichte beim zuständigen Gericht eine Klage über 15.000 Euro ein. Beklagter ist laut Klageschrift Herr Willy Kaufmann, Inhaber der Kaufmann e.K. Zur Klageschrift reichte der Insolvenzverwalter diverse Rechnung und Belege ein, die allesamt auf Willy Kaufmann, Inhaber der Kaufmann e.K. ausgestellt waren. Noch vor Zustellung der Klage übertragt Willy Kaufmann das Handelsgeschäft auf seinen Sohn Anton Kaufmann. Die Klage wird jedoch dem Willy Kaufmann per PZU zugestellt. Der Anton Kaufmann erfährt hiervon später. Gemeinsam haben wir die Lösung des Falles erarbeitet, wobei Prüfer einzelne Prüfungspunkte nutzte, um allgemeine Fragen zum Zivilverfahrensrecht zu stellen.
Der Prüfer wollte von uns wissen, wer Beklagter ist und wieso der Inhaber einer Firma unter seiner Firma verklagt werden kann (§ 17 II HGB). Wer ist Beklagter? Dies bestimmt sich nach dem formellen Parteibegriff. Zur Auslegung haben wir den Wortlaut und den Parteiwillen herangezogen. Letztendlich kamen wird zu dem Ergebnis, dass richtiger Beklagter der Anton Kaufmann ist. Wir sprachen den Prüfungspunkt Prozessführungsbefugnis an. Wir sollten herausarbeiten, wieso der Insolvenzverwalter prozessführungsbefugt ist (§ 80 I InsO; Partei kraft Amtes bzw. gesetzliche Prozessstandschaft). Der Prüfer wollte wissen, was eine Prozessstandschaft auszeichnet (Prozess im eigenen Namen über ein behauptetes fremdes Recht), welche Arten von Prozessstandschaft es gibt (gesetzliche und gewillkürte). Wir sollten Beispiele für die gesetzliche Prozessstandschaft nennen (§ 265 ZPO) und was die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft sind (Ermächtigung, Übertragbarkeit des Rechts bzw. seine Geltendmachung, eigenes schutzwürdiges Interesse, kein Rechtsmissbrauch). Ferner fragte uns der Prüfer, ob die folgende Konstellation als rechtsmissbräuchlich zu bewerten:
A tritt seine Forderung an seine Ehefrau ab, diese tritt als Klägerin der abgetretenen Forderung auf, damit sie ihren Ehemann A als Zeugen benennen kann (nach BGH (-)).
Schließlich sollten wir den Unterschied zwischen einer Klage im Rahmen einer Prozessstandschaft und einer Klage nach einer Inkassozession erklären (Inkassozession: Kein Fall der Prozessstandschaft, weil Prozess im eigenen Namen über ein behauptetes eigenes Recht, also Normalfall einer Klage). Wir stellten fest, dass die Zustellung an den Willy Kaufmann fehlerhaft gewesen ist (vgl. § 182 II Nr. 1 ZPO). Allerdings könnte dieser Fehler durch Erlangung der Kenntnis von der Klageschrift durch den Anton Kaufmann nach § 189 ZPO geheilt worden sein. Dies erfordert nach dem Wortlaut des § 189 ZPO jedoch, dass dem eigentlichen Zustellungsadressat das zuzustellende Dokument tatsächlich zugeht. Das war vorliegend nicht der Fall.
Ich wünsche dir ganz viel Erfolg und Glück für deine anstehende mündliche Prüfung!