Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland Pfalz vom November 2018

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland Pfalz im November 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 6,4
Aktenvortrag 9
Prüfungsgespräch 10
Wahlfach 8
Endnote 7,2
Endnote (1. Examen) 9,0

Zur Sache:

 

Prüfungsthemen: aktuelle Fälle, Verfahrensrecht, Prozessrecht und materielles Verwaltungsrecht

Paragraphen: §54 VwVG, §16 AGVwGO, §61 VwVG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer erläuterte uns zunächst, welche Themengebiete uns heute im öffentlichen Recht erwarten werden.
Danach schilderte er uns folgenden Fall:
Jäger J hat für ein bestimmtes Gebiet eine jagdrechtliche Genehmigung erhalten. Weiterhin wurde ihm das Aufstellen von 4 Futterstellen an bestimmten Orten genehmigt. Daran hat sich J jedoch nicht gehalten, sodass die zuständige Jagdbehörde einen Bescheid gegen J erlassen hat, mit dem sie ihm aufgibt, die von der Genehmigung abweichenden Futterstellen zu beseitigen. Damit ist J nicht einverstanden und erhebt Widerspruch. J trägt unter anderem vor, dass ihm die zuständige Behörde vor Jahren erlaubt habe, insgesamt 8 Futterstellen aufzustellen, er jedoch nur 4 gleichzeitig betreiben darf. In der mündlichen Erörterung vor dem zuständigen Kreisrechtsausschuss kommt das Thema Vergleich auf.
Der Prüfer wies uns darauf hin, dass er keine jagdrechtlichen Kenntnisse von uns erwartet und Jagdrecht hier auch keine Rolle spiele. Vielmehr wollte er von uns wissen, was ein Vergleich ist (öffentlich-rechtlicher Vertrag), wo der öffentlich-rechtliche Vertrag geregelt ist (§§ 54 ff. VwVfG), welche Norm uns in BVwVfG schickt (§ 1 I LVwVfG), welchem Formerfordernis ein öffentlichrechtlicher Vertrag genügen muss (§ 57 VwVfG  Grds. Schriftformgebot) und ob dieses Schriftformerfordernis auch im vorliegenden Fall zu beachten ist (Nein, wegen § 16 IV 1 AGVwGO  Vergleich zur Aufnahme in die über die Sitzung zu fertigende Niederschrift). Der Prüfer fügt nun folgenden Zusatz hinzu: Die Beteiligten haben sich verglichen. Unter welchen Voraussetzungen kann sich die zuständige Behörde von diesem Vergleich wieder lösen? (§ 61 VwVfG).

Nachdem schilderte der Prüfer folgenden weiteren Fall:
Unser Jäger hat außerhalb einer Ortschaft am Waldesrand ohne Genehmigung eine kleine Holzhütte errichtet. Diese nutzte er, um seine Jagdausrüstung unterzubringen. Für das Gebiet gibt es einen Flächennutzungsplan, der die Fläche als landwirtschaftlich zu nutzende Fläche auswies. Im April bekommt J einen Bescheid (ohne vorherige Anhörung!) der zuständigen Behörde, der ihn zum Abriss der Hütte verpflichtet. Die Behörde begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass sie sich aufgrund des illegalen Zustandes der Hütte zur Anordnung eines Abrisses verpflichtet sehe. Der Bescheid hat eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung. Im Briefkopf steht: „Sie erreichen Ihren Ansprechpartner unter der folgenden E-Mail …@…de“.
Daraufhin legt J innerhalb der maßgeblichen Frist Widerspruch per (einfachen) E-Mail ein. Der zuständige Sachbearbeiter hilft dem Widerspruch nicht ab und legt diesen dem zuständigen Rechtsausschuss vor.
Hat der Widerspruch Aussicht auf Erfolg?
Zu prüfen waren die Zulässigkeit und Begründetheit eines Widerspruchs.
Im Rahmen der Zulässigkeit problematisierten wir die Form des Widerspruchs. Dieser entsprach nicht der elektronischen Form gem. § 70 I 1 VwGO iVm. § 3a II VwVfG und auch nicht dem Schriftformerfordernis. Gefragt war nach dem weiteren Vorgehen. Wir kamen auf das Wiedereinsetzungsverfahren gem. §§ 70 II, 60 VwGO zu sprechen und prüften, ob dessen Voraussetzungen vorlagen. Weiterhin fragte der Prüfer nach der zuständigen Widerspruchsbehörde (§ 73 I 2 Nr. 1 iVm. § 6 I AGVwGO). Als Zwischenergebnis stellten wir fest, dass der Widerspruch zulässig ist.
Weiter prüften wir die Begründetheit des Widerspruchs. Ermächtigungsgrundlage war der § 81 1 LBauO. Danach beschäftigten wir uns mit der fehlenden Anhörung, die nicht nach § 28 II VwVfG entbehrlich gewesen ist. Allerdings war an eine Heilung gem. § 45 I Nr. 3 VwVfG zu denken.
Im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit war zwischen Tatbestands- und Rechtsfolgenseite strikt zu trennen. Die materielle Illegalität des Bauvorhabens folgte aus einem Verstoß gegen § 35 III 1 Nr. 1 BauGB. Auf Rechtsfolgenseite war zu sehen, dass § 81 1 LBauO der zuständigen Behörde Ermessen einräumt. Vorliegend lag ein Fall des sog. Ermessensnichtgebrauch vor. Das Ermessen kann jedoch von der zuständigen Widerspruchsbehörde nachgeholt werden, vgl. § 68 I 1 VwGO.
Zum Abschluss fragte der Prüfer nach dem gerichtlichen Prüfungsumfang in seinem solchen Fall.
Er wollte auf § 114 1 VwGO hinaus und fragte nach dessen verfassungsrechtlichen Grundlage (Art. 20 II 2 GG Gewaltenteilungsprinzip).
Ich wünsche dir ganz viel Erfolg und Glück für deine anstehende mündliche Prüfung!