Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Bayern vom Januar 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Januar 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 9 4 9 7 7,9
Zivilrecht 10 7 15 8 9
Strafrecht 11 5 14 8 9
Öffentliches Recht 8 7 13 8 10
Endpunkte 9,8 6,3 14 8 9,3
Endnote 9,22 5,39 10,6 7,3 8,14

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Zeugnisverweigerungsrecht, Zeuge vom Hören Sagen, Mord, Heimtücke

Paragraphen: §211 StGB, §212 StGB, §20 StGB, §52 StPO, §252 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann mit einem Einstieg in die StPO.
Hierzu schilderte er einen Fall. M war wegen versuchten Mordes an F angeklagt. Die Hauptverhandlung beginnt. Zunächst macht F während der Hauptverhandlung ihre Aussage, jedoch wird ihr das alles zu viel und sie will nicht mehr aussagen.
Der Prüfer fragte, wie der Richter in einer solchen Situation vorgehen könnte. Hierbei ging ich auf § 52 Abs. 1 StPO, konkret Nr. 2 ein. Der F – Ehefrau des M – stand ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Der Prüfer wollte wissen, ob der Richter sich hiermit zufriedengeben würde. Ich sprach an, dass man an den Ermittlungsrichter als „Zeugen vom Hörensagen“ denken könnte, aber die Probleme rund um den 252 StPO zu berücksichtigen sind. Anschließend ging die Diskussion um den 252 StPO. Hierzu wurden die Ausnahmen und die Ausnahme der Ausnahme diskutiert. Insbesondere legte der Prüfer Wert auf Verständnis dieser Norm. Die Kenntnis der Rechtsprechung zu dieser Norm ist empfehlenswert. Er wollte wissen, wie die geforderte Zusatzvoraussetzung einer „qualifizierten Belehrung“ des Zeugen in dieser Situation nicht unbedingt erforderlich wäre. Der Unterschied zu anderen Konstellationen ist, dass bei diesen grundsätzlich ein „Fehler“ gemacht wurde, während dies beim Zeugen von Hören-Sagen nicht der Fall ist.
Anschließend wechselten wir zum materiellen Strafrecht. Auch hierzu diktierte der Prüfer einen Fall:
T beschließt E zu töten. T ist der Exfreund von E. Die E hat einen Sohn. Diesen lockt T in eine Gartenlaube und nimmt dem Sohn den Wohnungsschlüssel ab.
Sodann begibt T sich zur Wohnung der E. E rechnet nicht mit dem Erscheinen des T, sondern denkt sich das ihr Sohn nach Hause kommt und ist völlig überrascht, als T im Wohnzimmer steht.
T hat eine Schreckschusspistole dabei. Er zielt auf T und teilt E mit, dass er ihren Sohn in seiner Gewalt hat. In Sorge um ihr Kind verhält sich E ruhig. T schlägt der E mit der flachen Hand gegen den Kopf. Anschließend begibt sich T in die Küche und holt ein Messer. Dieses Messer sticht er in E ihr Bauch. E stirbt durch Verbluten.
Wie hat sich T nach dem StGB strafbar gemacht? Das Tatgeschehen rund um den Sohn soll nicht erörtert werden, sondern stellt lediglich eine Vorgeschichte dar.
Die Mitprüflinge erwähnten sofort die §§ 212, 211 und welche Mordmerkmale in Betracht kämen. Zudem wurde erwähnt, in welchem Verhältnis diese Normen zueinanderstanden.
Besonderes Augenmerk lag auf dem Mordmerkmal der Heimtücke. Zu diskutieren war, ob dieses Mordmerkmal erfüllt ist. Zunächst wurde angemerkt, dass eine restriktive Auslegung geboten sei.
Alle Mitprüflinge bejahten das Vorliegen der Heimtücke. Ich stand dem kritisch gegenüber, denn zum Zeitpunkt als T mit dem Messer auf E einstach, war diese nicht mehr arglos. Dies gefiel dem Prüfer sehr gut. Er fragte in welchen Fällen der BGH den Zeitpunkt der Arglosigkeit vorverlagert. Hierzu zählt z. B. die Arglosigkeit des Schlafenden. Bevor weitere Straftatbestände geprüft werden konnten, endete die Prüfung. Ich wünsche euch viel Erfolg. Mit diesem Prüfer habt ihr einen echten Glücksgriff gelandet.