Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin vom Februar 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Februar 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3
Vorpunkte 5 5,8 5,6
Aktenvortrag 6 9 8
Prüfungsgespräch 8,6 12 13
Endnote 6,04 8,5 8

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Beamtenrecht

Paragraphen: §40 VwGO, §54 BeamtStG, §42 VwGO, §24 BeamtStG

Prüfungsgespräch: Diskussion, hält Reihenfolge ein, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der vom Prüfer gebildete Fall knüpfte an den Aktenvortrag im Strafrecht an, in dem ein Polizeibeamter Beschuldigter war. In seinem darauf aufbauenden Fall wurde gegen den Polizeibeamten ein Strafbefehl erlassen, der auch rechtskräftig geworden ist (Freiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde). Der Polizeibeamte erhielt daraufhin einen Entlassungsbescheid seines Dienstherrn. Das durchgeführte Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Zu prüfen war, wie er gegen die Beendigung des Beamtenverhältnisses infolge des Strafbefehls vorgehen kann.
Es folgte die Prüfung der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage. Beim Verwaltungsrechtsweg sollte die aufdrängende Sonderzuweisung bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten erkannt und die entsprechenden Normen (§ 54 BeamtStG, § 126 BBG) genannt werden. Nach den Eingangsfragen zur statthaften Klageart (Wonach richtet sich diese? Sie richtet sich nach dem klägerischen Begehren, §§ 88, 86 III VwGO; Was begehrt der Polizeibeamte hier genau? Die Aufhebung des Entlassungsbescheids) gingen wir näher auf die Begriffsmerkmale des VA ein und nahmen eine kurze Abgrenzung zur innerdienstlichen Weisung vor. Der Prüfer fragte woran man neben der Anfechtungsklage noch denken könnte. Allgemeine Feststellungsklage. Was begehrt der Kläger in diesem Fall? Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses. Wie wird ein konkretes Rechtsverhältnis definiert? Jede durch öffentlich-rechtliche Norm, durch öffentlich-rechtlichen Vertrag oder VA begründete rechtliche Beziehung zwischen zwei Rechtssubjekten oder einem Rechtssubjekt und einer Sache. Was sind die weiteren Voraussetzungen einer allgemeinen Feststellungsklage? Feststellungsinteresse, keine Subsidiarität. Wie aus den vorherigen Protokollen bereits ersichtlich ist, kommt es dem Prüfer auch auf eine saubere und kleinteilige Prüfung der Klagebefugnis an: Was setzt die Klagebefugnis voraus? Sie setzt voraus, dass der Kläger möglicherweise in seinen Rechten verletzt ist. Woraus können sich subjektive Rechte ergeben? Aus einfachem Recht: Schutznormtheorie. Was besagt diese? Sie besagt, dass durch Auslegung der Norm zu ermitteln ist, ob die Norm nur die Allgemeinheit schützen will, oder auch Individualinteressen und dass der Kläger zum geschützten Personenkreis gehört. Woran kann man in diesem Fall noch denken? Ggf. kann sich die Klagebefugnis hier auch aus dem beamtenrechtlichen Verhältnis als Sonderrechtsbeziehung ergeben.
Bei der Prüfung der Begründetheit sollte der Obersatz der Anfechtungsklage sauber formuliert werden. Wir hielten uns einige Zeit mit der Prüfung einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage für den Entlassungsbescheid auf. Wir lehnten § 24 BeamtStG als EGL ab. Im Ergebnis ergibt sich die VA-Befugnis gewohnheitsrechtlich aus der Über- /Unterordnung im Verhältnis Dienstherr/Beamter. Anschließend haben wir bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen erneut § 24 BeamtStG herangezogen. Danach verliert ein Beamter seine Beamtenrechte, wenn er im ordentlichen Strafverfahren durch Urteil eines Strafgerichts wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird. Schwerpunkt der Prüfung im materiellen Teil bildete schließlich die Frage, ob auch ein Strafbefehlsverfahren ein „ordentliches Strafverfahren“ im Sinne dieser Norm ist. Es folgte eine argumentative Auseinandersetzung, wobei der Prüfer zu verstehen gab, dass es ihm nicht auf den einen richtigen Lösungsweg ankommt. Im Ergebnis ist nach der Rechtsprechung jedoch stets ein Urteil erforderlich, so dass ein Strafbefehl nicht genügt.