Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im Februar 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer nahm eine Anklageschrift heraus die ihm vorlag.
Darin wird der Angeschuldigten folgender Sachverhalt zur Last gelegt: Sie begab sich in den Außenbereich des Pieper Kaufhauses in Saarlouis. Dort entnahm sie von einem Drehständer eine Jacke (Vero Moda, 59,99 €), zog diese über und verließ sodann den Geschäftsbereich Richtung Marktplatz.
Dort wird sie von dem Ladendetektiv gestellt. Um sie an der Flucht zu hindern, greift er sie am Handgelenk. Da sie sich ordentlich wehrt und zu entwinden versucht, umfasst er sie von hinten mit beiden Armen. Auch hier versucht sie weiter sich zu befreien und schlägt mit den Armen um sich und nach dem Ladendetektiv.
Strafbarkeit?
Es wurde § 252 StGB geprüft und hierbei sehr, sehr ausführlich der Diebstahl nach § 242 StGB.
Insbesondere hielten wir uns sehr lange an der Differenzierung beendetes und vollendetes Delikt auf. Durch einen Prüfling kamen wir so noch zum Versuch und mussten genau beschreiben was beendeter und unbeendeter Versuch ist, sowie die Modalitäten des Rücktritts. § 242 StGB wurde Lehrbuchartig durchgeprüft.
Dann auf frischer Tat betroffen angenommen.
Sodann wurde geprüft ob Gewalt gegen den Ladendetektiv angewendet wurde (+).
Danach wurde darüber diskutiert, ob dies auch zur Sicherung der Beute geschah und ob dies in den objektiven oder subjektiven Tatbestand gehört.
Insbesondere ist hier die Abgrenzung schwierig, ob die Gewalt nicht angewendet wird um der drohenden Strafverfolgung zu entgehen.
Letztlich sollten wir annehmen § 252 StGB sei abzulehnen und bloß § 242 StGB gegeben.
Was ist dann noch möglich? Körperverletzung. Tateinheit oder Tatmehrheit? (Tatmehrheit)
Prozessual wurde gefragt wer bei Annahme des § 252 StGB zuständig sei: Schöffengericht, da Verbrechen. Danach wie dieses besetzt ist und welche Rechte/Befugnisse die Schöffen haben. Unterschied zum Jugendschöffengericht (Schöffen ein Mann und eine Frau).
Der Prüfer wollte wissen, welche Rechtsfolgen das JGG vorsieht und warum dort die Schöffen jeweils ein Mann und eine Frau sind (Erziehungsgedanke). Darüber hinaus wollte er wissen, wie hoch die Jugendstrafe sein darf (mindestens 6 Monate, höchstens 5 Jahre, bei Tötungsdelikten auch 10 Jahre)
Weiter welche Anträge eine Anklage hier enthalten muss: Eröffnung des Hauptverfahrens, notwendiger Verteidiger bestellen.
Hiernach fragte er, was passiert, wenn der Richter die Akte auf dem Tisch hat. Ob direkt das Hauptverfahren eröffnet wird. Nein, die Anklage muss dem Angeschuldigten zugestellt werden. Wie geschieht dies? Muss mit Nachweis, da eine Frist davon abhängt. Wie ist es, wenn der Angeschuldigte in Frankreich lebt mit der Zustellung?