Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im August 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Vorpunkte | 10,5 | 9,5 | 10,6 | 8,7 | 8,4 |
Aktenvortrag | 9 | 8 | 11 | 11 | 14 |
Prüfungsgespräch | 13 | 13 | 13 | 13 | 13 |
Endnote | 11,02 | 10,5 | 11,5 | 9,67 | 9,34 |
Endnote (1. Examen) | 12,11 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Der Prüfer hat mit uns einen aktuellen Fall des VG Berlin vom 31.01.2019 (VG 1 L 363.18) zu einer Allgemeinverfügung der Bundespolizei geprüft und als Aufhänger für viele Zwischenfragen zum materiellen Recht und zum Prozessrecht genutzt.
Paragraphen: §35 VwVG, §37 VwVG, §80 VwGO, §14 PolG
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall
Prüfungsgespräch:
Vorab: Wir alle haben das BPolG an diesem Tag wahrscheinlich zum ersten Mal gesehen und hatten keine Ahnung von den Regelungen Das war aber gar nicht schlimm, denn dem Prüfer ging es nur darum mit dem Gesetzestext sauber zu arbeiten. Letztlich waren es bekannte Fragen zum Prozessrecht und zum Landespolizeigesetz, nur in etwas anderem „Gewand“.
Zunächst schilderte der Prüfer generell die abnehmende Sicherheit im Bahnverkehr durch gewalttätige Übergriffe und Probleme der Bahn im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge. Dann fragte er uns nach geeigneten Maßnahmen zur Eindämmung der Gewaltdelikte. Wir wussten zunächst nicht genau, worauf er hinauswollte und kamen etwas ins Stottern. Nach der Nennung genereller Maßnahmen, wie die verstärkte Einsetzung der Bundespolizei und der Kameraüberwachung kam er schließlich selbst auf das Thema der heutigen Prüfung zu sprechen: die Einrichtung von Messerverbotszonen in Bahnhöfen. Dass wir selbst nicht darauf gekommen sind schien keine negativen Auswirkungen auf die Note zu haben. Wir sollten zunächst die Aufgaben der Bundespolizei von der Landespolizei abgrenzen.
Dann wurde uns der Wortlaut der Allgemeinverfügung ausgeteilt (ungefährer Wortlaut der Seiten 1-2 hier: https://www.bundespolizei.de/Web/DE/04Aktuelles/01Meldungen/Nohomepage/190131_ allgemeinverfuegung_bpold-b_file.pdf?__blob=publicationFile&v=4) und die eigentliche materielle Prüfung ging los. Die Ermächtigungsgrundlage für die Allgemeinverfügung war § 14 I BPolG. Dann sollten wir die rechtliche Qualität der Norm erklären (eine Allgemeinverfügung) und die Besonderheiten einer Allgemeinverfügung in Abgrenzung zu einem Verwaltungsakt nennen. Gerade in formeller Hinsicht war auf die Entbehrlichkeit der Anhörung nach § 28 II Nr. 4 VwVfG einzugehen. Dann wollte er allgemein wissen, was neben der Allgemeinverfügung noch anzuordnen war. Wir kamen auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung, die Anordnung eines Zwangsgeldes (angemessene Höhe 250 €) und einen Hinweis auf Ersatzzwangshaft bei fehlenden Geldmitteln. Hier sollten wir kurz darauf eingehen, warum der Richter die Freiheitsentziehung anzuordnen hatte und nicht die Verwaltung (wegen Art. 104 II GG). Dann haben wir über den vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 V VwGO in Abgrenzung zu § 123 VwGO gesprochen und kurz durchgeprüft. Hier musste auf saubere Obersätze und Prüfungseinleitungen geachtet werden. Besonders wichtig war ihm zu erkennen, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage als Rechtsmittel und nicht des Verwaltungsakts an sich wiederhergestellt werden sollte.
Die Prüfung endete dann damit, dass wir über die inhaltliche Bestimmtheit der Allgemeinverfügung länger diskutiert haben (§ 37 I VwVfG). Letztlich hielten wir die Allgemeinverfügung (auch in Übereinstimmung mit dem VG Berlin) für zu unbestimmt aufgrund der Definition des gefährlichen Werkzeugs und der Ausnahmen für die Personen, für die die Allgemeinverfügung nicht gelten sollte.