Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW vom Oktober 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Oktober 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 13
Zivilrecht 13
Strafrecht 13
Öffentliches Recht 13
Endpunkte 13
Endnote 13

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Abgrenzung, Raub, räuberische Erpressung , Mordmerkmale und Hemmschwellen, versuchte Erfolgsqualifikation

Paragraphen: §249 StGB, §250 StGB, §211 StGB, §224 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, hart am Fall Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann damit, dass der Prüfer einen Fall schilderte:
O ist zu Geld gekommen und wedelt mit 10.000€ in einer Kneipe herum, sodass dies jeder sehen kann. Als O die Kneipe verlässt, folgt ihm der T. O bemerkt den T und geht immer schneller. In einer dunklen Park Ecke holt T den O ein und schlägt diesem mit einer 1kg schweren Taschenlampe auf den Kopf, sodass O zu Boden geht. T nimmt sich die 10.000 € und geht. Es ist 22 Uhr und sehr kalt. T dreht sich noch einmal um, bemerkt die Umstände und sieht den O bewusstlos in der Ecke liegen. Dies ist dem T egal und er läuft davon. Am nächsten Morgen wird O von Passanten völlig unterkühlt aufgefunden. Hätte er noch zwei weitere Stunden dort gelegen, wäre er gestorben oder ihm wären zumindest die Finger und Zehen abgefroren.
Der erste Prüfling sollte den Fall noch einmal zusammenfassen und dann in zwei Tatkomplexe gliedern und den Tatkomplexen Namen geben (Schlag auf den Kopf, Weggehen des T).
Sodann begannen wir mit der Prüfung des schweren Raubes gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1 StGB. Dabei wollte er wissen in welchem Verhältnis § 250 I zu § 250 II StGB steht und wann ein gefährliches Werkzeug vorliegt. Danach wurde erörtert, ob eine fremde bewegliche Sache weggenommen wurde, wobei der Diebstahl von der räuberischen Erpressung abzugrenzen war. Hierbei wollte er noch wissen warum man welcher Ansicht folgt und was denn für die Praxis wohl die vorzugswürdige Ansicht wäre. Letztlich kamen wir noch auf die Finalität und Absicht der rechtswidrigen Zueignung zu sprechen, wobei er die einschlägigen Definitionen hören wollte.
Danach prüften wir eine gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223, 224 I Nr. 2, 3, 5 StGB. Wir bejahten die Nr. 2, lehnten die Nr. 3 mangels eins planvollen Ausnutzens des Überraschungsmomentes ab und diskutierten den Streit bezüglich des Gefährlichkeitsgrades bezüglich der Nr. 5. Obwohl wir alle, inklusive des Prüfers, eine abstrakte Lebensgefahr ablehnten, wollte er, dass sich einer einmal in die Lage des Staatsanwaltes versetzt und aus dieser Perspektive Argumente für eine solche Gefahr im konkreten Fall anführt. Dabei wurde dann auf die schwere des Gegenstandes und den gezielten Schlag Richtung Kopf abgestellt, was den Prüfer zufrieden stellte. Zum Schluss des ersten Teils wurde dann noch nach dem Vorsatz gefragt, wobei festgehalten wurde, dass man für den Vorsatz für die abstrakte Lebensgefahr nur die Umstände, aus denen sich die Gefährlichkeit ergibt kennen muss.
Im zweiten Tatkomlpex prüften wir §§ 212, 211, 13, 22, 23 StGB und diskutierten verschiedene Mordmerkmale wie u.a. Habgier. Wir lehnten diese jedoch alle ab, da er diese Motive maximal beim Schlag auf den Kopf hätte verwirklichen können, aber nicht bei der in Frage stehenden Handlung, dem Unterlassen. Im Tatentschluss musste dann noch auf die Hemmschwellentheorie eingegangen werden. Auch sollte noch ein Rücktritt angeprüft werden, wobei man § 24 I 2 StGB sehen musste, da vorliegend die Passanten den O retteten, die Tat also ohne ein Zutun des T verhindert wurde.

Da die Zeit fast rum war, gingen wir nur noch kurz darauf ein, dass § 226 StGB eine Erfolgsqualifikation sei, dass § 226 I und nicht II StGB einschlägig, sei weil der T nur dolus eventualis hatte und dass eine versuchte Erfolgsqualifikation einschlägig sei. Zudem wollte er die §§ 11 II und 18 StGB in dem Zusammenhang hören.
Dann war die Prüfung auch schon zu ende. Es wurde streng in der Reihenfolge geprüft und keine Frage weitergegeben. Das Gespräch war für alle sehr angenehm. Der Prüfer ist stets gut gelaunt und versucht jeden durch ein Nachfragen und Umformulieren zur besten Leistung zu verhelfen.