Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Bayern vom Dezember 2019

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Dezember 2019. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 5,09
Prüfungsgespräch 6
Endnote 5,31
Endnote (1. Examen) 9,6

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Wahl des Europaparlaments, Spitzenkandidaten, Möglichkeiten des einzelnen Bürgers

Paragraphen: §7 EU, §1 EU, §65 GG, §64 GG, §66 GG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer wollte augenscheinlich mit den Prüflingen ein lockeres Prüfungsgespräch beginnen, und suchte sich hierfür das Europarecht aus. Aufgrund der extrem relevanten Entscheidungen Recht auf Vergessen I und Recht auf Vergessen II, worauf sich mit Sicherheit alle Prüflinge vorbereitet hatten, haben sich alle zunächst wohl gefreut.
Er ging stattdessen auf die Wahl des europäischen Parlaments ein. Er wollte wissen, warum die Bürger Europa als Demokratiefern erachten würden bzw. warum die Wahl enttäuschend gewesen sei. Sehr schleppend wurde Manfred Weber von der CSU, das Spitzenkandidatenmodell und Frau Ursula von der Leyen genannt. Diese war als solche gar nicht zur Wahl gestanden. Er wollte dann wissen, was man dagegen unternehmen könnte. Es war für fast alle Prüflinge ein Stochern im Nebel …
Es wurden dann die Präambel zur Charta der Europäischen Grundrechte genannt und der Art. 7 EUV. Eine Mitgeprüfte schaffte es hierbei die Entscheidungen Recht auf Vergessen I und II darzustellen, was anscheinend sehr positiv honoriert wurde. Anschließend wurde aber diese nicht weiter erörtert, weil dies vom Prüfer nicht erwünscht war. Auffällig ist, dass er nach den Antworten der Prüflinge immer sofort etwas auf seinen Zettel, auf dem die Prüflinge tabellarisch angeordnet sind notiert. Bei mir hat er zum Teil nach richtigen Antworten nichts notiert. Nach einer Antwort hat er das, was bei mir stand eingekreist und per Pfeil in einer anderen Spalte zugeordnet. Dies hat mich aus dem Konzept gebracht. Anschließend merkte der Prüfer, dass bei mir sehr wenig in der Spalte war, weswegen ich immer wieder „Anfangsfragen“ aus dem Nichts erhalten habe, auf die ich aus dem Stegreif nicht reagieren konnte. Die Frage wurde dann jeweils sofort weitergegeben und ich kam hierzu dann jeweils nicht mehr dran. Die anderen hatten dann immer mehr Zeit, um Antworten vorzubereiten und um zu subsumieren. Bei Art. 7 EUV wurden dann die einzelnen Absätze diskutiert; wobei es sehr schwer war, herauszufinden worauf der Prüfer hinauswollte. Im Ergebnis kamen wir dahin, dass man als Bürger relativ wenig gegen die Wahl von Frau von der Leyen unternehmen kann. Aus der Präambel der Charta kam es auf das Rechtsstaatsprinzip an; in dieser erschien aus Sicht des Prüfers zusammen mit Art. 7 EUV das einzig diesbezüglich Relevante zu enthalten.
Dann sprangen wir zum Staatsorganisationsrecht und zur Richtlinienkompetenz in Art. 65 GG. Es ging dann darum, dass ein Minister, ich denke Olaf Scholz, einen Brief an die Europäische Kommission schreiben wollte und ob und vor allen Dingen wie, dies unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel unterbinden könne. Zentral musste dabei dargestellt werden, dass die Richtlinienkompetenz ist die Zuständigkeit, Richtlinien der Regierungspolitik verbindlich vorzugeben. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung; vgl. Art. 65 S.2 GG.
Es wurde auch noch die Frage gestellt, was die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel noch unternehmen könne, wenn sich ihr Finanzminister nicht an ihre Vorgaben hält. Einzugehen war hier auf Art. 64 GG. Danach werden die Bundesminister auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen. Anschließend ging es in der konfusen Prüfung wieder auf Art. 65 GG zurück. Ganz am Ende hatte sich die Prüfung gewissermaßen totgelaufen. Er fragte ob irgendjemand noch irgendetwas sagen wollte.