Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Saarland vom Februar 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im Februar 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 9
Zivilrecht 12
Strafrecht 14
Öffentliches Recht 13
Endpunkte 10
Endnote 10

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Straßenverkehrsdelikte und Haft

Paragraphen: §115 StGB, §129b StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion

Prüfungsgespräch:

Bei der Prüfung an sich hat er immer mehrere Fälle dabei (hier hatte er wohl ganze sieben Fälle dabeigehabt, geschafft haben wir aber natürlich nicht alle). Dabei geht es ihm meistens gar nicht darum, die Fälle vollumfänglich zu lösen, sondern er will vielmehr einzelne Probleme, die er sich wohl vorher zurechtgelegt hat, an dem Fall an sich abprüfen. Leider sammelt er alle Fälle direkt danach wieder ein, da er nicht möchte, dass die Prüflinge sie mitnehmen, wie er auch vorab ankündigt.
Zunächst hatte er einen Fall über zwei Rettungssanitäter dabei, die auf eine Party gerufen wurden, wobei eine Frau verletzt wurde. Dabei ist auch eine Freundin oder Verwandte der Verletzten, die sehr angetrunken ist und der das ganze offenbar nicht schnell genug geht, weshalb sie erst die beiden Sanitäter beschimpft „Ihr Wichser, geht das nicht schneller, was seid ihr denn für Pussys, ich mach euch fertig wenn ihr nicht schneller macht ihr Arschlöcher“ und so weiter. Schließlich unterstreicht sie ihre verbalen Ausfälle noch mit Schubsern. Die Rettungssanitäter bekommen es mit der Angst zu tun und sehen sich nicht mehr weiter in der Lage, ihre Arbeit zu verrichten, als sie ihnen noch Schläge androht. Daher flüchten sie in ihren Rettungswagen und rufen die Polizei. Sie stellen Strafanzeige gegen die Frau.
Hier nannte ein Kandidat zunächst nur Beleidigung und Körperverletzung. Ich nannte zudem § 115 StGB und § 323c Absatz 2 StGB, was ihn erfreute. Ich erläuterte auch kurz den Hintergrund, dass diese im Hinblick auf sich immer weiter häufende Angriffe gegen Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter eingeführt bzw. verschärft worden sind. Dies quittierte er mit erfreuten Kopfnicken. Dann erklärte er: die Staatsanwaltschaft hat im Originalfall den Fall eingestellt. Ob das nicht eine Frechheit sei? Ja, insbesondere im Hinblick auf die Verschärfung der Gesetzgebung in diesem Bereich, da gerade Menschen wie Rettungssanitäter geschützt werden sollen und eine solche Tat das öffentliche Interesse besonders tangiert.
Dann wurde zunächst über die Vorschaltbeschwerde gesprochen gemäß § 172 StPO, dann über das Klageerzwingungsverfahren. Ein kurzer Seitenblick zum Privatklageverfahren: wie läuft das ab? Was muss man vorher machen? Antwort Sühneversuch gem. § 380 StPO.
Es ging bald zum nächsten Fall über: Dem A wird vorgeworfen Mitglied einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu sein. Ihm wurden im Ermittlungsverfahren sogenannte stille SMS zugesandt. Hier wurde zunächst gefragt, was das sei: stille SMS werden an ein Handy gesandt, ohne dass der Besitzer dies merkt, und sie senden sodann den Aufenthaltsort des Besitzers an die Ermittlungsbehörden (über den nächsten Mobilfunkmast wird der Aufenthaltsort ermittelt). Nun macht A geltend, dies sei nicht von § 100a oder § 100g StPO gedeckt. Diese wurden sodann eingehend erörtert, definiert, was worunter fällt, was überhaupt „Kommunikation“ ist (hier fehlt sie, da gerade bei stiller SMS kein Kommunikationsvorgang stattfindet). Nach langer Diskussion erst wurde die wirksame EGL genannt: § 100i StPO.
Dann wurde noch gefragt, ob es hier nicht ein Verfahrenshindernis gebe. Ich merkte an, dass man zumindest die Anwendbarkeit des StGB problematisieren müsste, sprach kurz über §§ 6, 7 StGB, kam aber schließlich dazu, dass die §§ 129a, 129b StGB ja auch für ausländische Vereinigungen gelten, unabhängig von den Voraussetzungen etwa des § 7 StGB, und dass insofern hier eben doch kein Problem vorliegen würde. Dies bejahte er.
Zuletzt hatten wir einen Fall über Straßenverkehrsdelikte (insofern ist der Prüfer also auch protokollfest): A und B fahren zu schnell und es kommt zu einem Unfall (erst dachte ich an die Raser Fälle, die waren es dann aber doch nicht). A parkt sein Auto etwas weiter entfernt vom Unfallort, läuft zu Fuß zurück und behauptet gegenüber der Polizei, er habe den Unfall als Fußgänger beobachtet. Letzten Endes wird alles weitere am Unfallort aufgenommen und es kann am Ende nicht mehr geklärt werden, wann genau A den Unfallort verlassen hat. Möglich ist, dass er als letzter gegangen ist. Im Wesentlichen ging es also um § 142 StGB und Knackpunkt des Falls war die Frage, ob man wirklich Nr. 1 dergestalt umgehen kann, dass man einfach so lange am Unfallort bleibt, bis niemand mehr da ist, d.h. keine „feststellungsbereiten Personen“ mehr und dann ist man straffrei? Das wurde nach langer Diskussion verneint und insbesondere im Hinblick auf Absatz 2, wonach ja sogar Personen strafbar sind, die berechtigt oder entschuldigt sich entfernen, aber dann die Feststellungen nicht nachträglich eröffnen. So sah es auch der BGH, dass nämlich dieser Wertungswiderspruch nicht sein könne.