Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im Mai 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 |
Vorpunkte | 8,7 | 7,9 |
Aktenvortrag | 10,2 | 9 |
Prüfungsgespräch | 11 | 10 |
Wahlfach | 12 | 11 |
Endnote | 9,4 | 9,01 |
Endnote (1. Examen) | 9,6 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Ermittlungsverfahren
Paragraphen: §170 StPO, §153 StPO, §153a StPO, §100j StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer stellte folgenden Fall vor. Die Abgeordnete A erhält von der Mailadresse: bb30@gmx.net eine Email mit dem Betreff: „Kommunistengesocks“ in der Mail erfolgen weitere Diffamierungen, wie die Bezeichnung als Unkraut.Die erste Frage war nun ob jemand dieser aktuelle Fall bekannt vorkam? Der Fall war an die Konstellation mit der Abgeordneten Künast angelehnt.
Nun wollte er wissen woraus sich die örtliche Zuständigkeit der StA ergibt. Diese folgt aus § 143 GVG i.V.m. §§ 7 ff StPO. Welcher wird vermutlich am häufigsten herangezogen? § 7 StPO, der des Tatortes.
Wie würden wir nun vorgehen? Nachdem wir Sachen wie § 100a, 100b und § 100g StPO vorgeschlagen hatten, rückte der Prüfer mit der richtigen Antwort der Bestandsdatenabfrage nach 100 j StPO raus. Ein absoluter Klassiker (das wusste natürlich kein Mensch). Was sind die Voraussetzungen der Vorschrift? Wie unterscheiden sich Verkehrsdaten von Bestandsdaten? Wie sind diese definiert?
Daran schloss sich dann die Frage an wie und wer denn dann bei wem anfragen würde?
§ 100j III StPO ist nicht einschlägig da dieser sich nur auf Abs. I Satz 2 bezieht. Grundsätzlich nimmt die Polizei die Ermittlungen war, aber hier ist es schriftlich durch die StA an gmx zu stellen, da die StA ansonsten die Polizei schriftlich anweisen müsste. Warum weiß ich leider nicht mehr.
Dies wird veranlasst und der 90 Jährige B wird ermittelt. BZR hat keine Einträge.
Wie würden wir weiter verfahren? Weitere Ermittlungen waren falsch, da bereits der hinreichende Tatverdacht zu bejahen ist.
Beschuldigter müsste nach § 163a I StPO vor dem Abschluss der Ermittlungen vernommen. Grund ist das Recht auf rechtliches Gehör. Dazu sollte er durch die StA geladen werden, da er dann erscheinen muss vgl.: § 163a III StPO.
Was würden wir dann tun? Prüfung ob hinreichender Tatverdacht i.S.d. § 170 I StPO besteht. Kurze Definition. Dies war zu bejahen.
Und wie dann weiter? Abschlussverfügung. Also Einstellung oder Anklageerhebung. Dann aufzeigen der verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten §§ 153 ff. StPO. Wonach richtet sich welche Vorschrift zur Anwendung kommt? Vergehen/Verbrechen und ob es sich um ein relatives oder absolutes Antragsdelikt handelt (das zweite Kriterium hat sich mir nicht erschlossen). Was ist wenn ein relatives Antragsdelikt wegen mangelnden öffentlichen Interesse nicht weiter verfolgt wird?
Verweisung auf die Privatklage. Dann kurzer Ausflug zur Privatklage.
Falls wir nicht nach § 153 ff. StPO einstellen, was bleiben dann für Möglichkeiten?
Einstellung nach § 170 II StPO, Anklageerhebung oder Strafbefehlsverfahren. Welches davon würden wir wählen? Hier konnte jeder nochmal begründen. Das Alter spricht für ein Strafbefehlsverfahren, dass das Gerichtsverfahren diesen mehr beeindrucken könnte ist kein valider Grund.
Als einzige materielle Frage durfte eine Kandidatin noch 30 Sek. vor Schluss kurz definieren was eine Beleidigung ist.