Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Niedersachsen vom Dezember 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Dezember 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 6,5 6,5 6,3 6,2
Aktenvortrag 9 11 15 6
Prüfungsgespräch 10,6 13,2 14,6 8
Endnote 8,06 9 9,5 7
Endnote (1. Examen) 8,06

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Verwaltungsrecht; Kommunalrecht

Paragraphen: §45 StVO

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Fall handelte davon, dass die Stadt S ein Verkehrszeichen aufgestellt hatte, welches zu einer Straßensperrung in der Zeit von Freitagabends bis Samstagsmorgens führte. Zudem wurde die betroffene Straße in dieser Zeit verdunkelt. Diese Maßnahmen erfolgten, weil die Bundesanstalt für Forschung sonst ihre Messungen nicht richtig durchführen konnte. Ein Nachbar fühlte sich durch diese Maßnahmen gestört, da er sein Grundstück nun zu der Sperrzeit nicht mehr über die gesperrte Straße befahren konnte.
Der Bürgermeister hielt sich nicht für zuständig, die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Er leitete die Überprüfung daher an den Rat weiter, welcher zu dem Ergebnis kam, dass die Maßnahmen rechtmäßig sind. Dieses Ergebnis gab der Rat an den Bürgermeister weiter. Der Bürgermeister übernahm diese Bewertung ungeprüft.
Es war zu prüfen, ob und wenn ja, wie der Nachbar gegen die Maßnahmen vorgehen könnte. Wir prüften die Erfolgsaussichten einer Klage gegen das Verkehrsschild.
Es sollte dabei ganz genau auf die einzelnen Prüfungspunkte eingegangen werden. Also zunächst Abhandeln der Zulässigkeit, beginnend mit Eröffnung des VRW, § 40 I1 VwGO (dabei je ein bis zwei Beispiele einer aufdrängenden und abdrängenden Sonderzuweisung nennen), auch wenn hier keine in Betracht kam. Dann statthafte Klageart, hier die Anfechtungsklage, wobei genau herausgearbeitet werden sollte, dass es sich bei dem Verkehrszeichen um eine Allgemeinverfügung iSv § 35 I 2 VwGO handelt. Klagebefugnis aus Art. 2 I GG, wobei gewusst werden sollte, dass es strittig ist, ob bei Allgemeinverfügungen die Adressatentheorie Anwendung findet.
In der Begründetheit dann zunächst die RGL. Diese war § 45 I Nr. 5 StVO. Es sollte dabei abgegrenzt werden zu § 6 NStrG (Stichwort: Vorbehalt des Straßenrechts und Vorrang des Straßenverkehrsrechts). Dann formelle RMK. Zuständig ist die Straßenverkehrsbehörde. Das Verfahren ist fehlerhaft abgelaufen. Es wäre der Hauptverwaltungsbeamte zuständig gewesen, da es sich um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung handelt. Der Rat war nicht zuständig. Daher hätte der Bürgermeister den Rat nicht beauftragen dürfen. Der Bürgermeister hat auch sein Ermessen nicht gebraucht. Es handelt sich um einen sog. Ermessenausfall, der nicht geheilt werden kann. Die Klage ist demnach begründet.
Ich wünsche dir viel Erfolg, es ist fast geschafft!