Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Dezember 2020 im zweiten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsfach: Öffentliches Recht
Gedächnisprotokoll:
Teil I EStG:
A ist freie Journalistin u. ist auf Honorarbasis für verschiedene Zeitschriften u. Zeitungen tätig (§ 18 I Nr. 1 EStG). Eine Bilanz erstellt sie nicht u. ermittelt ihren Gewinn nach § 4 III EStG. Im Jahr 2019 hat A für diverse Unterviews, Reprotagen u. Berichte von verschiedenen Verlagen Honorar erhalten. Nach Abzug von tatsächlichen angefallenen Kosten i. H. v. € 12.000,- beläuft sich der vorläufige Gewinn der A für 2019 auf € 30.000. Hierbei ist folgender Sachverhalt noch nicht berücksichtigt worden:
A fertigt 2019 eine Reportage über eine Kreuzfahrt auf einem Postschiff unter norwegischer Flagge (§ 1 I EStG gilt trotzdem, da der Wohnsitz in Deutschland liegt, unbeschränkte Steuerpflicht, es gilt das Welteinkommensprinzip). Die Reportage soll Interviews mit der Crew und auch über das Leben der Passagiere an Bord enthalten, aber auch Eindrücke von den täglich stattfindenden Landaufenthalten an verschiedenen Orten. Es ist festgeschrieben, dass A täglich mindestens von 8 Uhr bis 18 Uhr das Leben auf dem norwegischen Schiff dokumentiert. A erklärte sich bereit, den Namen des Schiffes u. der Schifffahrtsgesellschaft werbewirksam in der Reportage zu erwähnen. Dafür musste A für die Reise inkl. Flug, Kabine mit Meerblick u. Halbpension nur € 500,- bezahlen. Auch durfte A für die gleichen Konditionen eine weitere Person mitnehmen, die ihr aber nicht bei der Reportage hilft u. nur das Freizeitangebot nutzt. Unter Berücksichtigung üblicher Preisnachlässe hätte der übliche Preis für diese Reise pro Person € 2.000,- betragen. A zahlte die Reisekosten für beide Personen vom betrieblichen Konto. Vorteil als Einnahme (§ 8 I EStG analog)?
Der Verpflegungsmehraufwand war zu berücksichtigen, für die Verpflegung i. R. d Halbpension war in der Rechnung für die Reise pro Person ein Betrag von € 600,- ausgewiesen. Das Bundesministerium der Finanzen hat die Verpflegungspauschale für Reisen ins Ausland verbindlich festgesetzt u. für die gesamte Dauer der Reise von A einen Gesamtbetrag i. H. v. € 746,- als Verpflegungspauschale anzusetzen.
A nahm ihr bisher ausschließlich privat genutztes Tablet (2018 angeschafft für einen Preis i. H. v. € 630,- inkl. Umsatzsteuer) mit auf die Reise u. benutzte es seit Beginn der Reise überwiegend (60 %) betrieblich (Einlage, notwendiges Betriebsvermögen bei § 4 III EStG, § 6 VII Nr. 2 EStG, Bewertung nach § 6 I Nr. 5 EStG, weiter privat genutzt: Nutzungsentnahme?). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Tablets beträgt drei Jahre, der Teilwert des Tablets betrug bei betrieblicher Inbenutzungnahme € 400,-.
Die Reportage über die Reise wurde gegen Pauschalhonorar 2019 zur Veröffentlichung angenommen, wobei der genaue Zeitpunkt der Veröffentlichung noch offen ist. Hatte A also beim Schreiben der Reportage die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht? Ein Veranlassungszusammenhang ist gegeben. Das Honorar der A soll erst nach Veröffentlichung fällig werden. Aus Kulanz hat A ein Vorschuss auf das Honorar erhalten, welcher am 27. Dezember 2019 vom Verlag veranlasst wurde, dieser wurde aber erst am 9. Januar 2020 auf dem betrieblichen Konto der A gutgeschrieben. Grund hierfür war, dass die Bank Systemprobleme hatte (§ 11 I EStG). § 21 I Nr. 3 EStG? Nein wohl § 18 EStG. 2019 hatte A keine weiteren Einnahmen.
A findet später in der Innentasche ihres Rucksackes 225 Schweizer Franken, die wohl aus einem Urlaub 2015 übrig waren. 2019 tauscht A die Franken in Euro um u. erhält dafür € 200,- in bar. 2015 hatte A nur € 170,- für den Tausch gezahlt. §§ 22, 23 EStG? Währung als Wirtschaftsgut, Haltefrist? Jedenfalls dürfte A nicht mit Einkunftserzielungsabsicht gehandelt haben.
A erscheint im Dezember 2020 in der Kanzlei der Rechtsanwältin. Wie sind die Angaben steuerrechtlich zu beurteilen? Ein Gutachten war zu fertigen. Der Sachbericht war erlassen.
Teil II AO:
Bei dem Temin in der Kanzlei wird ebenfalls folgender Sachverhalt geschildert:
A ist alleinige Erbin ihres 2020 verstorbenen Onkels geworden (Gesamtrechtsnachfolge, § 45 AO). In einem seiner Ordner mit der Beschriftung „FA unerledigt“ findet A einen 2016 erlassenen Einkommenssteuerbescheid für 2014, in dem Einkünfte aus V. u. V. i. H.v. € 7.000,- enthalten sind. Daneben waren nur Pensionseinkünfte i. H. v. € 40.000,- gegeben. Außerdem findet A in den Unterlagen des Verstorbenen ein Schreiben dieses aus 2016, in dem er den Bescheid rügt u. darum bittet, den Beschei auf zutreffende € 1.000,- zu korrigieren (das Schrieben war im SV abgedruckt). Nach telefonischer Auskunft des FA an A sei der Fehler auf einen Softwarefehler beim Scan der Einkommenssteuererklärung im FA zurückzuführen, der dem Mitarbeiter nicht auffiel (§ 129 AO?). Der vom Verstorbenen unterschriebene Antrag auf Änderung liegt dem FA als Telefax vor, der Antrag sei aber nur in die Akte geheftet u. versehentlich bisher nicht bearbeitet worden. Der zuständige Bearbeiter habe zur Zeit sehr viel zu tun u. wisse nicht, wann er sich mit dem Antrag des Verstorbenen befassen werde. Bei vorläufiger Durchsicht meint der Sachbearbeiter im FA aber, dass die Sache nicht eile, da der Antrag keine Aussicht auf Erfolg habe.
Die Einspruchsfrist gegen den Steuerbescheid war abgelaufen. Möglicherweise konnte aber der Antrag des Verstorbenen als eigenständiger Antrag auf Korrektur auszulegen. Steht die Entscheidung im Ermessen des FA (so argumentiert dieses ggü. A)?
A will sich gegen das Unterlassen des FA wenden u. fragt die Rechtsanwältin, was sie nun tun kann. Gibt es eine förmliche, außergerichtliche Möglichkeit? Untätigkeitsanspruch (§ 347 I 2 AO)?
Ein Gutachten der Rechtsanwältin war zu fertigen u. dabei auf alle abgabenordnungsrechtlichen Fragen einzugehen. Der Sachbericht war erlassen. Auf u. a. Gewerbesteuer, Lohnsteuer, Fragen zum Steuergeheimnis (§ 30 AO) u. den Datenschutz war hierbei nicht einzugehen.