Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom April 2021 im ersten Staatsexamen in Berlin. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsfach: Zivilrecht
Gedächnisprotokoll:
Inhalt der Klausur war der BGH Fall BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 315/18 Rückenprobleme beim Pferd – das Kissing Spines Syndrom (Quelle:Alpman Schmidt) Fall Die K erwarb am 05.10.2018 von der B, einer Pferdehändlerin mit eigenem Gestüt, den fünf Jahre alten Wallach „Santiano K“ für 31.700 € zur privaten Nutzung als Sportpferd. Mit Schreiben vom 16.03.2020 erklärte K den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen gravierender Rittigkeitsprobleme des Wallachs. Das Pferd habe insbesondere die Widersetzlichkeit des Blockens und Blockierens gezeigt. K geht davon aus, dass diese gezeigten „Rittigkeitsmängel“ auf verengten Dornfortsätzen der Wirbelsäule (Kissing Spines) beruhen. Nach einem Sachverständigengutachten steht fest, dass das Pferd tatsächlich schon bei Übergabe an K einen Kissing-Spines-Befund aufwies. Ein Kissing- Spines-Befund muss nicht mit Krankheitserscheinungen verbunden sein und ist daher von einem (pathologischen) Kissing-Spines-Syndrom zu unterscheiden. Kissing Spines können grundsätzlich zu Rittigkeitsproblemen führen. Ob die Rittigkeitsprobleme, die der Wallach unstreitig schon wenige Wochen nach Übergabe an K zeigte, auf dem Kissing-Spines-Befund beruhen, ist nach dem Sachverständigengutachten jedoch unklar. Nach dem Gutachten steht allerdings fest, dass bei dem konkreten Kissing-Spines-Befund des Wallachs „Santiano K“ das Risiko des Auftretens klinischer Erscheinungen in unbestimmter Zeit bei einer Häufigkeit von 21 % bis 50 % liegt. Bisher hat der Wallach indes noch keine dieser Erscheinungen gezeigt. K ist der Ansicht, dass es sich bei den Rittigskeitsproblemen um Mangelerscheinungen handele und ferner nicht sicher feststehen müsse, ob diese „Rittigkeitsmängel“ auf die Kissing Spines zurückzuführen sind, weil der Käufer nur den Nachweis einer Mangelerscheinung – also eines mangelhaften Zustands – zu erbringen habe, der – unterstellt, er beruhe auf einer dem Verkäufer zuzurechnenden Ursache – dessen Haftung wegen einer Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Zwar begründe das Phänomen der Kissing Spines für sich genommen keinen mangelhaften Zustand. Auch möge die Vermutung des § 477 BGB unter Umständen bei bloßen „Rittigkeitsmängeln“ nicht anwendbar sein. In der Kombination von „Rittigkeitsmängeln“ mit einem erwiesenen Kissing-Spines-Befund liege aber eine Mangelerscheinung, welche die Vermutungswirkung des § 477 BGB auslöse. Das Vorliegen von Kissing Spines bei Gefahrübergang stehe nämlich fest und es sei auch bewiesen, dass innerhalb des Sechsmonatszeitraums Erscheinungen aufgetreten sind, die als Symptome von Kissing Spines in Betracht kämen. In Anbetracht dessen erscheine es interessengerecht und entspreche dem verbraucherschützenden Gesetzeszweck, dem Verkäufer die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass die Rittigkeitsprobleme nicht auf dem Engstand der Dornfortsätze, sondern auf einer anderen, dem Verkäufer nicht zurechenbaren Ursache beruhten. Hat K gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises?