Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Brandenburg vom September 2021

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg im September 2021. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2
Note staatl. Teil 1. Examen 9,44 7,82
Gesamtnote 1. Examen 9,37 9,61

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  Der Prüfer las zunächst den Fall mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor, der bereits in früheren Protokollen ausführlich beschrieben wurde (bis auf die Einbauküche basiert der Fall ganz maßgeblich auf dem vom AG Brandenburg, Urteil vom 31.03.2021 – 31 C 280/19). Dabei beschränkte er sich vorerst auf den Teil der Einbauküche.

Paragraphen: §1626 BGB, §985 BGB, §93 BGB, §946 BGB, §730 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken

Prüfungsgespräch:

Dabei zuerst die Fragen: Wie ist das mit dem Sorgerecht? (verheiratet: gemeinsames Sorgerecht, wenn geschieden: im Zweifel Sorgerecht der Mutter, §§ 1626, 1626a Abs.3 BGB) Wer würde entscheiden, wenn es um die Scheidung ginge? (das Familiengericht, ist am Amtsgericht angesiedelt) Wodurch entscheidet das Familiengericht? (durch Beschluss, gerade nicht durch Urteil) Warum? (Im Wesentlichen, um den Familienfrieden zu wahren) Gelingt das? (dadurch wohl kaum).
Dann starteten wir in die Prüfung. Meine Prüfungskollegin sprang hinsichtlich des Herausgabeanspruchs auf § 985 BGB. Daraufhin sollte ich den § 985 anfangen zu prüfen, dabei ging ich auf den rechtsgeschäftlichen Erwerb der Küche von Ikea ein (§ 929 S.1 BGB) und stellte die Lebenspartnerin, an deren Wohnung die Küche geliefert wurde, als bloße Geheißperson heraus, die aber selbst nicht in den Erwerb in relevanter Weise involviert war. Dann fing ich an „Er könnte das Eigentum gem. § 946 BGB an den Vermieter verloren haben…“. Hier schnitt mich der Prüfer ab und sagte „Alles klar, jetzt Frau…(also meine Kollegin)“. Diese ging auf die Einbauküche ein und ob dies ein wesentlicher Bestandteil sei. Zunächst § 93 BGB, dann § 94 Abs.2 BGB. Und stellte dann den Streit dar. Mich irritierte etwas, dass sie dabei auf die regionalen Unterschiede einging. Ich meine, dass das eher bei der Frage, ob Einbauküchen „Zubehör“ sind eine Rolle spielt. Aber gut, der Prüfer störte sich daran jedenfalls nicht und so führte sie weiter aus und lehnte dies dann ab. Wir unterschlugen dann allerdings den § 1006, auf den wir auf Nachfrage einmal kamen. Ich sagte, dass dieser an sich einschlägig sei. Ihn auf den Fall anwenden (denn irgendwie greift die Vermutung ja vorliegend nicht), musste zum Glück meine Kollegin. Dabei stritt sie sich fast etwas mit dem Prüfer. Irgendwie drehten sie sich nämlich etwas im Kreis, sie sagte zwei oder dreimal „Wenn der Sachverhalt so ist, wie sie ihn geschildert haben, dann…“, kam allerdings nie zu ihrer Folgerung, da der Prüfer jedes Mal sagte „Ja, genau so ist der Fall. Dem ist nichts hinzuzufügen.“ Das Hin- und Her brachte meine Kollegin etwas auf die Palme, was sie sich auch anmerken ließ. Das ist natürlich nicht empfehlenswert. Ihr solltet den Prüfer immer so freundlich und höflich wie möglich behandeln. Allerdings hat sich das auch nicht in ihrer Note niedergeschlagen. Der Prüfer konnte also offensichtlich damit umgehen. Dann gingen wir zum zweiten Teil über. Der Fall wurde um die 1000€ und 200€ erweitert. Dabei fragte der Prüfer (Klassiker) wieder, was sein Lieblingswort sei? ANSPRUCHSGRUNDLAGE! Dann fing ich in Kenntnis des Falles an, zuerst die §§ 730 ff. BGB anzudenken. Lehnte diesen aber ab, da die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht einem Gesellschaftsvertrag gleichkomme. Hier fragte der Prüfer nach, ob dass denn immer und zwangsläufig so sei. Hier konnte ich darauf verweisen, dass zumindest ein konkreter Zweck vorausgesetzt gewesen sein müsse. Definierte die nichteheliche Lebensgemeinschaft in Abgrenzung zur Ehe und sagte, dass die bloße Koexistenz keinen hinreichend konkreten Zweck darstelle. Das gefiel dem Prüfer offenbar. (Anmerkung: Es macht also möglicherweise einen Unterschied, ob man eine Falllösung einfach auf Basis der Protokolle auswendig lernt oder zeigt, sich über den Tellerrand hinaus damit auseinandergesetzt zu haben – bspw. wie bei mir, indem ich eben das Urteil recherchiert und mir genau durchgelesen habe). Da wir nur zu zweit waren, war die Prüfung dann auch schon fast rum und wir konnten uns den tieferen Einstieg ins Bereicherungsrecht glücklicherweise schenken. Zunächst erstmal: Take it easy! Der Prüfer ist nicht annährend so schlimm, wie einem der Eindruck vermittelt wird. Er lässt einen lange monologisieren und toleriert darin (scheinbar) auch, wenn man nicht die ideale Lösung bereit hält, sofern man das selbstbewusst darstellt. Befasst euch detailliert mit seinen Lieblingsthemen (DeliktsR & SchadensR), aber lernt eben auch seine Fälle, insbesondere die, die kürzlich in der Kampagne liefen. Eine Garantie dafür, dass sie drankommen, gibt es nicht mehr, wobei es auch keine Seltenheit ist. In der Vorbereitung solltet ihr euch die Fälle dann auch konkret selbst durchdenken, sodass ihr nicht aus dem Konzept kommt, wenn er mal nachbohrt. An sich also ein überschaubarer Arbeitsaufwand. Haut rein, ihr packt das!