Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Januar 2022

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1 2 3 4 5

Note staatl. Teil 1. Examen

6 6 8 8 8

Gesamtnote 1. Examen

6,2 6,4 8 9 8

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Kommunalrecht

Paragraphen: §36 GemO

Prüfungsgespräch: verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer startete direkt mit einem Fall. Dabei ging es um ein bestimmtes Grünflächenamt, welches privatisiert werden sollte. Der Gemeinderat wollte dies in seiner Sitzung beschließen. Verschiedene Personen demonstrierten mit Trillerpfeifen vor der Gemeinderatssitzung. Die Demonstration fand im Gemeindehaus statt. Der Oberbürgermeister verfügt, dass die Veranstaltung verboten wird und stützt sich dabei auf § 36 GemO. Fraglich war, ob er dies so machen kann. Prüfling Nr. 1 fragte zuerst, ob er die Zulässigkeit prüfen sollte. Der Prüfer antwortete darauf, dass wir dies später prüfen könnten, er wolle allerdings, dass die Rechtmäßigkeit geprüft werden solle und wie man diese normalerweise prüfe. Prüfling Nr. 1 antwortete darauf mit: Ermächtigungsgrundlage formelle und materielle Rechtmäßigkeit. Als Ermächtigungsgrundlage wurde mit dem genannten § 36 GemO gestartet. Der Prüfer wollte genau darauf raus, welcher Absatz und Satz der Prüfling als EGL nutzen würde. § 36 I 2 GemO war die richtige Ermächtigungsgrundlage. Die formelle Rechtmäßigkeit wurde schnell abgehandelt. In der materiellen Rechtmäßigkeit wurde darauf abgestellte, ob § 36 I 2 GemO auch das Hausrecht umfasst, wenn etwas vor der Sitzung stattfindet und nicht während der Gemeinderatssitzung. Nach mehreren Nachfragen verneinte der Prüfling dies und bejahte § 36 I 2 GemO nur, dass es nur das Hausrecht in der Gemeinderatssitzung umfasst. § 36 I 2 GemO wurde mithin verneint. Der Prüfling stellte sich weiterhin die Frage, ob die Verfügung in den Grundsatz der Öffentlichkeit eingreift. Darauf fragte der Prüfer nach der Norm, wo dieses geregelt ist und der Prüfling verweist auf § 35 GemO. Weiter ging es mit dem nächsten Prüfling, welcher andere Ermächtigungsgrundlage finden sollte. Dieser nannte die polizeiliche Generalklausel. Der Prüfer sagte jedoch, dass es noch eine andere Norm davor geben könnte. Der Prüfling stellte auf § 1004 BGB ab und der Prüfer fragte dann was jedoch dahingehend das Problem sein könnte. Daraufhin nannte der Prüfling richtigerweise den Streit wann eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit beim Hausrecht vorliegen kann. Nach einer Ansicht ist bei einem Hausverbot bei Behörden immer eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben. Nach einer anderen Ansicht wird nach dem Zweck des Betretens des Besuchers unterschieden. Betritt dieser die Gemeinde zu privatrechtlichen Zwecken, z.B. als Fotograf beim Standesamt, dann muss die öffentlich-rechtliche Streitigkeit verneint werden. Nachdem der Prüfling dann auf das VersG gekommen ist wurde der nächste Prüfling nach der genauen Ermächtigungsgrundlage gefragt. Dabei sollte auf § 5 VersG und § 15 VersG eingegangen werden. Der Prüfer wollte genau wissen, wann eine öffentliche Veranstaltung vorliegt. Dabei sollte darauf abgestellt werden, dass lediglich die seitlichen Begrenzungen entscheidend sind. Außerdem wollte er hören, auf welchem Grundsatzurteil dies zum ersten Mal entschieden worden ist und er hat diese Frage auch freigegeben. Richtige Antwort war die Fraport Entscheidung. Danach sollte genau § 15 VersG geprüft werden und auch die Definitionen genannt werden. Als Zwischenfrage wurde gestellt nach welchem Gesetz sich die Zuständigkeit richtet. Diese richtet sich nach dem VersGZuVO. Als letzte Frage wurde außerdem gestellt, welches Gericht zuständig wäre, wenn ein Hausverbot nach einer Schlägerei beim Jobcenter stattgefunden hätte. Dabei sollte auf Art. 95 GG und auf das Sozialgericht abgestellt werden.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im Januar 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.