Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Brandenburg vom Februar 2022

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

10,2

Gesamtnote 1. Examen

9,99

Gesamtnote 2. Examen

10,28

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Zuständigkeiten, Verkehrsstraftaten

Paragraphen: §315b StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann seine Prüfung im Strafrecht mit einem Fall, der einem BGH-Fall nachgebildet war. Diesen diktierte er uns. Nach den Feststellungen des Tatgerichts hätten A und B einen an der Straße stehenden Geldtransporter mittels eines Brecheisens aufgebrochen und Geld entwendet, wobei sie dabei von einer zivilen Polizeistreife beobachtet worden seien. Daraufhin seien sie mit ihrem Wagen geflüchtet. Der A habe den Wagen gefahren. Während eines verkehrsbedingten Halts an einer Ampel habe sich die Zivilstreife vor das Auto von A und B gesetzt. Daraufhin habe einer der Polizeibeamten die beiden zum Aussteigen aufgefordert. Der A habe daraufhin Gas gegeben und den Polizeiwagen gerammt, wobei er gewusst habe, dass der Polizeibeamte mit dem Wagen mitgeschleudert würde. Dies sei dann auch so passiert, wobei der Polizeibeamte sich dabei Verletzungen zugezogen habe. Der Prüfer fragte, was wir als Staatsanwältinnen nun zuerst tun würden, wenn dieser Fall bei uns auf dem Schreibtisch landen würde. Er wollte die Definition des Anfangsverdachts hören gem. § 152 II StPO („Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass jemand einer Tat als Täter oder Teilnehmer verdächtig ist“) als Voraussetzung für die Einleitung von Ermittlungsmaßnahmen gegen A. Dann sollten wir in die materielle Prüfung des Sachverhalts einsteigen. Wir prüften zunächst §§ 242 I, 244 I Nr. 1 lit. a) StGB. Dabei wollte er insb. die Definition der „Wegnahme“ i.S.d. § 242 I StGB hören sowie den „gelockerten Gewahrsam“ an den Geldscheinen im Geldtransporter angesprochen haben. Zudem ging es um die verschiedenen Ansichten zu dem „gefährlichen Werkzeug“ i.S.d. § 244 I Nr. 1 lit. a) StGB. Wir kamen darauf zu sprechen, dass die Literatur einen subjektiven Ansatz verfolgt („Verwendungsabsicht“) und der BGH eine objektive Prüfung des „gefährlichen Werkzeugs“ i.R.d. § 244 StGB ähnlich der des § 224 I Nr. 2 StGB vornimmt, d.h. es muss sich nach BGH um einen Gegenstand handeln, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Verletzungen zuzufügen. Dann fragte er nach dem Anklageadressaten, sollte es bei der Strafbarkeit nach § 244 I Nr. 1 lit. a) StGB bleiben. Wir unterschieden zwischen der Zuständigkeit des Schöffengerichts nach §§ 24 und 28 GVG, und des Strafrichters am Amtsgericht nach §§ 24 und 25 GVG. Da kein Verbrechen nach § 12 StGB im Raum stand, könnte die Staatsanwaltschaft als Ermittlungsbehörde die Sache auch beim Strafrichter anklagen, soweit keine Strafe von mehr als 2 Jahren im Raum steht. Er fragte sodann nach den Beweismitteln im Strafprozess (Sachverständiger, Augenschein, Einlassung des Beschuldigten/Angeklagten, Urkunde, Zeugen) mit den jeweiligen Paragraphen. Sodann prüften wir § 315 b I Nr. 3 StGB. Er wollte die Abgrenzung des Anwendungsbereiches zu § 315 c StGB hören in Fällen des verkehrsfremden Inneneingriffs (Täter benutzt sein Fahrzeug nicht primär als Verkehrsmittel, sondern benutzt es zweckentfremdet als Waffe + Schädigungsabsicht). Zudem wollte er hören, dass die Schädigungsabsicht, obwohl ein subjektives Merkmal, im objektiven Tatbestand geprüft werde, da dies zur Klärung der Anwendungsbereiche zwischen § 315b und § 315c StGB erforderlich sei. Damit waren wir mit unserer Prüfung schon zum Ende gelangt. Nach Aussage vom Prüfer wäre er auf die Prüfung von insg. fünf Delikten vorbereitet gewesen.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg im Februar 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.