Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Niedersachsen vom März 2022

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1 2 3 4

Note staatl. Teil 1. Examen

1 1 1 1

Gesamtnote 1. Examen

1 1 1 1

Gesamtnote 2. Examen

7,31 7,60 7,54 10,15

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Abschleppfall – Aufbau und Organe von Kommunen

Paragraphen: §40 VwGO, §35 VwGO

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort-Diskussion

Prüfungsgespräch:

Wir haben mit dem klassischen Abschleppfall begonnen. Diesen hatte die Prüferin auf einen Zettel kopiert und auf den Tischen ausgelegt. Eine Person A stellt ihr Auto im Urlaub ordnungsgemäß am Straßenrand ab, legt sogar noch einen Zettel in die Windschutzscheibe, dass sie unter den folgenden Angaben erreichbar ist und im Zweifel den Wagen sofort wegfahren kann. Ein paar Tage später wird ein Halteverbotsschild aufgestellt, die A durch ein privates Abschleppunternehmen abgeschleppt. Dies bemerkt sie, als sie ein paar Tage später aus dem Wellnesshotel rauskommt. Sie bezahlt die Auslöse in Höhe von 111,11 Euro bei dem Abschleppunternehmen und fordert nun das Geld der Behörde zurück. Zunächst wurde sehr detailliert auf den Verwaltungsrechtsweg eingegangen, warum hier eine ÖR Streitigkeit vorliegt. Dann wurde diskutiert, ob das Abschleppen ein VA ist, bzw. ob das Abschleppen überhaupt Verwaltungshandeln war, nachdem dies ja ein privates Unternehmen durchgeführt hat. Dies wurde dann letztlich bejaht, das Abschleppunternehmen fungierte hier als Verwaltungshelfer. Es ging dann noch um die bekannte Problematik der Bekanntgabe bei Straßenschildern. Die Klage war dann eine Leistungsklage auf Zahlung des Betrages. Es wurde dann ein Rückzahlungsanspruch aus dem ÖR Erstattungsanspruch diskutiert. Im Rahmen dessen wurde darauf eingegangen, ob das Verwaltungshandeln als Ersatzvornahme nach §§ 64 I NPOG i.V.m. § 67 NPOG rechtmäßig war, da ansonsten ein ÖR Erstattungs-AS bestanden hätte. Die Voraussetzungen des Tatbestandes lagen vor. Bei der Verhältnismäßigkeit konnten beide Seiten vertreten werden: Entweder hätte die Behörde im Rahmen der Pflicht, die Kosten möglichst klein zu halten, zunächst die Telefonnummer auf dem Zettel anrufen sollen und nicht direkt abschleppen lassen sollen Andererseits wird von einer Pflicht des Verkehrsteilnehmers ausgegangen, nach ein paar Tagen mal wieder zu überprüfen, ob das Fahrzeug noch immer ordnungsgemäß abgestellt wurde – gerade im ruhenden Verkehr hat der Verkehrsteilnehmer die Straßenschilder wahrzunehmen Hier sollten wir die Pro und Contra Argumente erkennen und anführen. Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage wurde auch detailliert auf Klagebefugnis, Klagegegner, Prozessfähigkeit und das RSB eingegangen. Es war zu erkennen, dass die Stadt eine Gebietskörperschaft ist und es sollten die Organe einer Kommune genannt werden: Hauptverwaltungsbeamter, Vertretung und Ausschuss UND Bürgerentscheid (strittig). Es ist auch gut, den Unterschied zwischen Verwaltungshelfer und Beliehener zu kennen. Die Prüfung war dann bereits zu Ende. Teilweise waren die Fragen etwas kompliziert formuliert, aber alles in allem war es eine faire Prüfung und der Abschleppfall ein bekanntes Problem. Viel Erfolg!

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im März 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.