Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
7,31 |
Gesamtnote 1. Examen |
8,42 |
Gesamtnote 2. Examen |
7,62 |
Prüfungsgespräch:
Die Prüfung baute der Prüfer anhand eines Falles auf, den er während der Prüfung immer weiter ausbaute: Zwei Autos stoßen zusammen, dabei wird eines der Autos beschädigt. Der Fahrer, ein selbstständiger Handwerker, verletzt sich am rechten Ellenbogen und kann zwei Wochen nicht arbeiten. Nun sollten wir zunächst herausarbeiten, welche Ansprüche in Betracht kommen. Dabei wurden neben dem Schadensersatz, dem Schmerzensgeld und dem Verdienstausfallschaden auch die Klage auf Feststellung aller weiteren aus dem Unfallereignis entstandenen Schäden genannt. Hier sollten wir kurz auf die Bestimmtheit des Klageantrags gem. § 253 II ZPO eingehen. Danach ging es darum, wer verklagt werden könne. Neben der Halterhaftung des § 7 StVG ging es dann auch um den Direktanspruch aus § 115 VVG. Weiter ging es um die Zuständigkeit gem. § 20 StVG und § 32 ZPO. Die einklagbaren Schadensposten waren die Reparaturkosten für das Auto und die Heilbehandlungskosten gem. § 249 ZPO sowie der entgangene Gewinn gem. § 252 ZPO. Dabei ging es vor allem darum, wie man entgangenen Gewinn beweisen könne. Hierfür kann der Einkommensteuer-Bescheid des letzten Jahres vorgelegt werden. Sodann wurde kurz das selbstständige Beweisverfahren angeschnitten, besprochen wurden hier aber nur die Vorteile wie bspw. die Beweissicherung und die Verjährungshemmung gem. § 204 I Nr. 7 BGB. Danach ging es um Privatgutachten. Diese sollten als qualifizierter Parteivortrag eingeordnet werden. Auch sollte darauf eingegangen werden, warum diese trotz fehlender Beweismittelfunktion in Verkehrsunfallprozessen immer eingeholt werden. Grund hierfür ist, dass man das Auto schon vor Prozessende reparieren möchte. Des Weiteren sollten wir den Nutzungsausfallschaden anhand des Kommerzialisierungsgedanken definieren. Danach ging es um das Schmerzensgeld, dessen Höhe meist anhand von Schmerzensgeldtabellen bestimmt wird. Dabei sollten wir argumentieren, ob ein Richter sich an diese Tabellen halten muss oder nicht. Dabei kam es dem Prüfer nicht auf die richtige Antwort, sondern nur auf eine Diskussion an. Zuletzt wurde der Fall noch unter Zugrundelegung eines BGH-Urteils dahingehend erweitert, dass dem Geschädigten der Ellenbogen bereits vor dem Unfall weh getan hat, sich diese Schmerzen nun aber verschlimmert haben. Dies wurde mit Hilfe eines ärztlichen Attests nachgewiesen, welches aber ohne medizinische Begründung diesen Sachverhalt lediglich feststellt. Daneben wurde noch ein Sachverständigenbeweis angeboten. Die erste und zweite Instanz lehnte die Klage ab. Wir sollten nun zunächst zwischen Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit unterscheiden und herausarbeiten warum die Instanzgerichte die Klage abgelehnt haben. Diese waren der Ansicht, der Sachverhalt sei schon nicht substantiiert dargelegt, da nicht nachvollziehbar war, warum der Arzt vor und nach dem Unfall von zwei verschiedenen Arten von Schmerz ausgeht. Der BGH hat hierzu entschieden, dass das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 I GG verletzt wurde, da ein Attest eines medizinischen Fachperson nicht einfach von fachfremden Personen (d.h. Juristen) als unsubstantiiert abgelehnt werden könne.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Juni 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.