Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
9,67 |
Gesamtnote 1. Examen |
9,86 |
Gesamtnote 2. Examen |
8,36 |
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer schilderte uns folgenden Fall: Eine Gruppe von Menschen (ca. 10 Leute, darunter der A) stehen um eine Person (B) herum, über die sie annehmen, dass dieses Geld aus einem BTM Geschäft erlangt hat. Die Stimmung ist aggressiv und die Gruppe fängt an, auf den C einzuschlagen. Dabei sieht A, dass der B ein iPhone in der Tasche hat und nimmt ihm dieses ab. Dann holt der A eine Schreckschusspistole aus seiner Tasche, hält dem B diese an den Kopf und sagt „Her mit dem Drogengeld“. Der B gibt dem A nichts raus. A wird als einziger ergriffen und festgenommen. Der Prüfer fragte uns zunächst, was wir als Haftrichter nun tun müssten. Wir prüften daraufhin die Voraussetzungen eines Haftbefehls nach §§ 112 ff. StGB. Dringender Tatverdacht, Haftgrund und keine Unverhältnismäßigkeit. Er wollte dabei genaue Definitionen hören. Dann sollte im Rahmen des dringenden Tatverdachts überlegt werden, welche Delikte in Betracht kommen. Ich nannte die §§ 249, 250 II StGB bzgl. des iPhones und §§ 253, 255, 250 II, 22, 23 StGB wegen des zweiten Geschehens bzgl. des Geldes. Meine Kollegin prüfte danach den Raub durch, dabei kam es ihm auf eine kleinschrittige Prüfung unter Nennung aller Definitionen an. Er mochte es nicht, wenn im Rahmen der Prüfung zu schnell gesprungen wurde. Unproblematische Punkte sollten zumindest kurz genannt werden, bevor eine ausführliche Prüfung der problematischen Prüfungsschritte erfolgt. Im Rahmen des Raubes sollte der Punkt Gewalt / Drohung problematisiert werden. Anschließend sprachen wir länger über den Punkt Finalität, wobei wir diskutierten, ob die Gewalt wirklich zur Wegnahme erfolgte oder ob der Entschluss, das iPhone wegzunehmen nicht erst später gefasst wurde und die Gewalt dann nicht mehr fortwirkte. Hier galt es einfach zu diskutieren. Die nicht von A durchgeführten Handlungen konnten im Wege einer Mittäterschaft gem. § 25 II zugerechnet werden. Anschließend sprachen wir über den § 250 II StGB. Zunächst wollte er die Waffendefinition hören und diskutiert haben, ob die Schreckschusspistole eine solche Waffe darstellt. Dies bejahten wir unter Nennung der Definition des BGH und der Erklärung, dass eine Schreckschusspistole einen Lauf hat, der nach vorne geht und aus dem Gas austritt. Problematisch war dann jedoch, dass die Schreckschusspistole ja erst verwendet wurde, als der A das iPhone bereits weggenommen hat. Daher diskutierten wir darüber, ob die Verwendung der Waffe auch noch im Beendigungsstadium und nicht im Vollendungsstadium möglich ist. Auch hier wollte er einfach Argumente dafür und dagegen hören. Ich sprach an, dass es ja auch eine sukzessive Mittäterschaft gibt, in der nach der Vollendungsphase Handlungen zugerechnet werden. Am Ende sprachen wir noch darüber, dass dafür ein bestimmtes subjektives Element hinzukommen müsse, und zwar die Absicht, den Besitz an der erlangten Ware zu bewahren. Er fragte generell auch nach, welche Stadien es im Rahmen der Tatbegehung alle gibt (so unter anderem das Vollendungs- und Beendigungsstadium, aber vorher auch noch das Versuchsstadium). Am Ende bejahten wir den §§ 249, 250 II StGB. Über §§ 253, 255, 250 StGB sprachen wir dann gar nicht mehr vertieft, da aufgrund der Corona bedingten 20-minütigen Prüfung die Zeit dann schon abgelaufen war. Generell verflog die Zeit in diesem Gespräch und es fühlte sich gar nicht so sehr wie eine Prüfung an, eher wie ein kollegiales Fachgespräch.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im August 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.