Prüfungsgespräch:
Als Einstieg wollte Herr Henze zunächst etwas zum einstweiligen Rechtsschutz im Zivilrecht hören. Wir sprachen also über Arrest und einstweilige Verfügungen. Darauf kam er allerdings nur, weil es in der strafrechtlichen Prüfung auch um Möglichkeiten der Beschleunigung des Verfahrens ging. Sein Fall knüpfte an die Einstiegsfrage allerdings nicht an. Diesen schilderte er direkt im Anschluss. Es ging um einen Rentner, welcher im Supermarkt einkaufen ging und mit der Karte „bezahlte“. Aus der Sachverhaltsschilderung wurde deutlich, dass er der Bank des Supermarktes eine Einzugsermächtigung für den Kaufpreis in Höhe von 10 Euro erteilte. Sein Konto war allerdings nicht gedeckt, sodass das Geld nicht von seinem Konto abgebucht werden konnte. Daraufhin beauftragt der Supermarkt einen Anwalt, welcher ein Schreiben an den Rentner schickte, dass dieser die 10 Euro zu zahlen habe und darüber hinaus 16,50 (oder eine ähnliche Summe) Euro Anwaltsgebühren zu tragen habe. Es ging dann darum aus welcher Anspruchsgrundlage diese Summen jeweils geltend gemacht werden können. Wir landeten dann beim Schadenersatz aus § 280 II BGB und beim Verzug nach § 286 BGB. Nun diskutierten wir lange, ob der Rentner sich denn überhaupt schon im Verzug befand, weil das Schreiben des Anwalts ja im Prinzip die erste Mahnung war und klapperten so langsam die Nummern des § 286 II BGB ab. Wir diskutierten auch darüber, dass wohl eine Holschuld vereinbart worden ist. Nachdem wir uns an diesem Fall abgearbeitet hatten, schilderte er noch einen Fall, indem eine Frau einen Vertrag mit dem Fitnessstudio abgeschlossen hat und in den AGB stand, dass der Beitrag monatlich zu entrichten sei. Der Beitrag wurde ebenfalls per Lastschriftmandat vom Konto der Frau eingezogen. Irgendwann hätte die Frau angezeigt, dass sie eine neue Kontoverbindung habe. Das Fitnessstudio habe darauf allerdings nicht reagiert und so kein Geld von der Frau eingezogen, sodass irgendwann 150 Euro des Mitgliedbeitrags offen gewesen seien. Es konnte allerdings nicht herausgefunden werden, ob die Frau den Brief tatsächlich nicht abgeschickt hat oder ob das Fitnessstudio versäumt hat die Kontodaten zu verändern. Daraufhin hat das Fitnessstudio ebenfalls einen Anwalt eingeschaltet und der hat wiederum ein Schreiben aufgesetzt, dass sie die Beiträge zu entrichten habe und 150 Euro Anwaltskosten zu tragen habe. Er wollte dann zunächst wissen, um was für einen Vertrag es sich dabei handelt. Mietvertrag. Wenn noch Trainer irgendwelche Kurse leiten oder ähnliches, dann auch mit Dienstleistungscharakter. Wir schauten dann, ob es irgendwelche Normen im Mietrecht gibt, aus denen wir einen Anspruch ziehen könnten und kamen dann aber wieder auf den Verzug zu sprechen. Wir argumentierten dann vor allem, ob aus den AGB hervorgeht, wann genau immer der Mitgliedsbeitrag zu entrichten sei. Es wurde damit argumentiert, dass Mietverträge regelmäßig Vorleistung vorsehen, dass aber auch davon ausgegangen werden kann, dass irgendwann im Monat die Miete zu zahlen sei und spätestens am Ende des Monats. Es ging auch darum, dass sich das Fitnessstudio im Annahmeverzug befunden haben könnte. Ich glaube zu einer richtigen Endlösung sind wir gar nicht gekommen. Es wird wohl beides vertreten. Bei einem der beiden Fälle fragte er auch noch nach der sachlichen Zuständigkeit. Also AG. Er hat doll überzogen – ich glaube allerdings, weil er für jede von uns noch ein Punkt rausholen wollte. Es war etwas chaotisch und wir mussten zwischendurch lachen, weil alle etwas den Faden verloren hatten. Ich würde seine Punktevergabe als realistisch einschätzen. Ich glaube allerdings, dass man ihn eigentlich toll überzeugen kann, wenn man etwas mehr auf dem Kasten hat. Ihr schafft das!!! Und die Mündliche ist wirklich eine unglaublich gute Möglichkeit sich nochmal richtig stark zu verbessern. Ich habe niemals mit so einem Notensprung gerechnet!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im September 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.