Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Bremen vom Dezember 2022

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Gesamtnote 1. Examen

11,1

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen:  Kohlprotokolle

Paragraphen: §667 BGB, §823 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu

 

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann damit, dass jeder Prüfling eine Vertragsart nennen sollte aus dem BGB und die entsprechenden Hauptleistungspflichten darstellen sollte (Mietvertrag, Werkvertrag etc.). Der Kaufvertrag war ausgeschlossen. Danach fragte Sie uns Grundzüge aus dem Erbrecht ab. Wir sollten verschiedene Testamentsarten benennen z.B. gemeinsames Testament von Eheleuten, das eigenhändig unterschriebene und kurz zum Erbvertrag abgrenzen. Anschließend wurde uns ein kurzer Sachverhalt mündlich von Ihr gestellt: K hatte mit dem Verlag V einen Vertrag geschlossen und der V wiederrum einen Vertrag mit dem B. Gegenstand der Verträge war die Erstellung der Memoiren des K. Zwischen K und B bestand selbst keine direkte Vertragsbeziehung. K und B begannen sodann mit der Arbeit. Sie führten Gespräche über das Leben des K und sein Wirken in der Welt. Die Gespräche wurden dabei auf einem Tonbandgerät aufgezeichnet, welches B gehörte.
Später kam es jedoch zu einem Zerwürfnis zwischen K und B. K verlangt in diesem Zuge die Herausgabe der Tonbänder von B. Wir arbeiteten zunächst heraus, dass ein Anspruch auf Herausgabe für die Tonbänder gem. § 667 BGB nicht gegeben ist. Es fehlte hier an einem Vertragsschluss. K wollte primär seine Pflichten ggü. V erfüllen und B wollte seine vertraglichen Verbindungen ggü. V erfüllen. Sodann wurde die Frage von der Prüferin aufgeworfen, ob nicht auch Dritte in ein Schuldverhältnis eingebunden werden können. Sie wollte auf § 328 BGB hinaus. Insoweit war ein Anspruch auf Herausgabe aus §§ 667, 328 BGB zu prüfen. Hier fehlte es jedoch auch an einem entsprechenden Parteiwillen. K und V hatten sich lediglich darauf geeinigt, dass K dem B für Gespräche und Material zur Verfügung steht. Daraufhin mussten wir nach weiteren vertraglichen Ansprüchen schauen. Ein Prüfling hat dann die Idee aufgeworfen, ob nicht ein Vertrag sui generis gem. § 311, 667 BGB zwischen K und B zustande gekommen ist. Diese Chance nutzte die Prüferin, um zu klären, was einen Vertrag sui generis kennzeichnet. Zu den Anspruchsvoraussetzungen mussten wir zunächst klären, ob ein Vertrag zustande gekommen ist oder eine Gefälligkeit vorliegt. Es sollte herausgearbeitet werden, ob ein Rechtsbindungswille vorliegt. Dieser war zu bejahen durch das Interesse des K an der Geheimhaltung. Als weiterer Herausgabeanspruch ist § 985 BGB zu prüfen gewesen. Hier sollte ein möglicher Eigentumsübergang geprüft werden von B auf K. Ein gesetzlicher gem. § 929 BGB ist mangels Übergabe ausgeschieden. Hier sollte vor allem diskutiert werden, ob § 950 BGB einschlägig ist. Kernproblem war, ob durch das Besprechen eine neue bewegliche Sache hergestellt wurde. Hier galt es vor allem Argumente zu finden, ob das Besprechen der Tonbänder zu einer neuen beweglichen Sache führt durch K. Das Ergebnis war hier offen gehalten von der Prüferin. Anschließend wurde ein zweiter Fall geschildert: K hatte gegen B nun einen Anspruch auf Schmerzensgeld erstritten, weil der aus den Gesprächen mit K ein Buch gemacht hatte. B legte dagegen Rechtsmittel ein und K ist in der Zwischenzeit verstorben. Nun macht die Witwe des K den Schmerzensgeldanspruch des K geltend. Hier galt es vor allem zu diskutieren, ob der Schmerzensgeldanspruch des K gem. §§ 823 I BGB i.V.m. Art. 2 I GG vererbbar ist. Problematisch ist, dass das Urteil nicht vollstreckbar war. Über den Anspruch des K wurde noch nicht abschließend entschieden. Ferner kann eine Kompensation für eine Verletzung des APR nicht übertragen werden auf Dritte. Die Entschädigung dient der Genugtuung, die es nur zu Lebzeiten geben kann. Ferner fragte sie nach einer möglichen örtlichen Zuständigkeit für ein Gericht. §§ 12 ff. ZPO.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bremen im Dezember 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.