Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 | 2 | 3 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
1 | 1 | 1 |
Gesamtnote 1. Examen |
11,18 | 1 | 1 |
Gesamtnote 2. Examen |
12,05 | 4,05 | 7,6 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Widerspruchsverfahren Baurecht
Paragraphen: §79 BauGB, §41 BVwVfG, §60 VwGO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, verfolgt Zwischenthemen
Prüfungsgespräch:
Wir stiegen ein mit dem Containerfall, den IW schon zwei Tage vorher gestellt hatte. Dort war die Gruppe aber zur materiell-rechtlichen Lösung nicht mehr gekommen. Der Fall: A ist Eigentümer eines Geländes, auf der er Container lagert. Eine Genehmigung hierfür besteht nicht. Daher ergeht eine Beseitigungsanordnung verbunden mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung und der Androhung eines Zwangsgeldes. Zunächst ging es aber um Prozessuales. Der Verfügung wurde durch die Behörde am 29.01.23 zur Post gegeben Wir sollten nun – unter Berücksichtigung der Fiktion des § 41 II VwVfG – das Fristende berechnen (01.02.23). IW kam es dabei insbesondere darauf an, was unter Zugang im Sinne der Bekanntgabe eines VA zu verstehen ist. Hier verwiesen wir auf die Parallele zum Zivilrecht, es geht also um das Gelangen in den Machtbereich dergestalt, dass mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann. A war allerdings im Urlaub und verpasst die fristgerechte Einlegung, da er erst am 03.02.23 zurückkehrte. Wir sollten nun überlegen, welche Möglichkeiten A hat. Wir nannten die Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO und sprachen über die Voraussetzungen. Konkret ging es darum, was bei urlaubsbedingter Abwesenheit zu beachten ist bzw. ab welcher Länge ein Verschulden vorliegt, dass eine Wiedereinsetzung ausschließt. IW fragte uns, wie es bei einem Urlaub von 6 Wochen aussieht. Hier vertraten wir unterschiedliche Auffassungen, sodass IW die Urlaubsdauer verkürzte, sodass unstreitig kein Verschulden vorlag. Dann fragte IW weiter, was noch zu tun sei. Wir kamen auf § 80 IV VwGO und auf die Frage, ob vorher ein Widerspruch einzulegen sei. Hier musste IW etwas nachhelfen und fragte, wie denn jeweils bei § 80 IV VwGO und § 80 V VwGO zu tenorieren sei. Bei § 80 V wäre die aufschiebende Wirkung des noch einzulegenden Widerspruchs zu tenorieren, bei § 80 IV wäre die Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu tenorieren. Da fiel bei einem Prüfling der Groschen: § 80 IV nimmt keinen Bezug auf den Widerspruch, ergo muss er auch nicht eingelegt werden. Weiter ging es mit prozessualen Fragen.
Wie genau müsse der Antrag im Rahmen des § 80 V VwGO lauten. Hier war zu differenzieren: Da die Androhung des Zwangsgeldes qua Gesetz sofort vollziehbar ist muss hier die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet werden. Sodann stiegen wir in die materielle Prüfung des Falls ein. Als Rechtsgrundlage stellten wir auf § 79 BauO LSA ab. Fraglich war nun aber, ob eine Beseitigungsverfügung oder eine Nutzungsuntersagung vorlag. Stellte man auf die Container selbst als bauliche Anlage ab, was IW grundsätzlich für möglich hielt, wäre von einer Beseitigungsverfügung auszugehen. IW fragte weiter, wie der Fall noch zu bewerten sein könnte. Mit etwas Hilfe kamen wir darauf, dass nicht eine Beseitigungsverfügung hinsichtlich der Container vorliegen könnte, sondern eine Nutzungsuntersagung hinsichtlich des gesamten Grundstücks. Das lag hier nahe, da § 2 Bau LSA ausdrücklich auch Lagerplätze als bauliche Anlagen erfasst. Wir entschieden uns für diese Lösung, stellten fest, dass trotz Genehmigungspflicht keine Genehmigung vorlag, also die sog. formelle Illegalität vorliegt. Dann sprachen wir darüber, wie es sich mit der materiellen Illegalität im vorliegen Fall verhält. Wir stellten fest, dass eine Nutzungsuntersagung grundsätzlich keine materielle verlangt und anderes für die Beseitigungsverfügung gilt. Weiter führten wir aus, dass etwas anderes aber auch für die Beseitigungsverfügung gelten kann, wenn die Beseitigung (wie vorliegend) mit keinem relevanten Substanzeingriff verbunden ist. IW fragte dann noch, wann sowohl für die Nutzungsuntersagung als auch die Beseitigungsverfügung die materielle Illegalität von Bedeutung ist. Dies ist der Fall, wenn das Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig ist. Damit endete die Prüfung Viel Erfolg für Eure Prüfung! P.S: Lasst Euch von den Protokollen nicht verrückt machen. Es handelt sich um Prüfungsgespräche, die Lösung muss nicht bei jeder Frage wie aus der Pistole geschossen kommen, sondern wird zusammen erarbeitet. Allein in der hier beschriebenen Prüfung wussten wir an bestimmt 2-3 Stellen nicht so recht weiter.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Sachsen-Anhalt im März 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.