Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Juli 2023

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Drittschadensliquidation

Paragraphen: §447 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin schilderte uns folgenden Fall und bat uns darum, sich ein Rechteck als Skizze aufzumalen, da vier Personen vorkommen werden: A („Dal Armi“) ist Espressohändler aus Mainz-Hechtsheim. Er bestellt bei Firma W aus München bis Mitte Juni 2023 25 Espressomaschinen zu je 1.000,00 € (Erfüllungsort: München). Auf Bitten des A versendet der W die Maschinen mithilfe des Frachtführers F. W übergibt dem F Anfang Juni die Espressomaschinen. Bis Freitag, 23.06.2023 ging jedoch beim A keine Lieferung ein. Daher ruft er bei W an und fragte nach dem Verbleib seiner Bestellung. Dabei stellt sich heraus, dass die B, die im Büro des F arbeitet, die Adresse des A mit der Adresse des E („El Armi“), dessen Firma sich in Mainz-Gonsenheim befindet, verwechselt hat. Der E verkauft die Espressomaschinen an unbekannte Laufkunden nun für 400,00 € zum Sonderpreis Anspruch des A gegen den W auf Lieferung Zunächst fragte die Prüferin nach Ansprüchen des A gegen W auf Lieferung. Geprüft wurde § 433 Abs. 1 BGB auf Übergabe und Übereignung der Espressomaschinen. Problematisch war in diesem Zusammenhang, ob die Leistung unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Es ging um die Frage, ob es sich um eine Stück- oder Gattungsschuld handelte und ob ggfs. Konkretisierung eingetreten ist, was letztlich bejaht wurde. In diesem Zusammenhang wurde zwischen Schick-, Bring- und Holschuld abgegrenzt und die Begriffe des Leistungs-, Erfüllungs- und Erfolgsorts definiert. Letztlich bejahten wir die Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB. Ansprüche des W gegen den E Zu prüfen waren Ansprüche des W gegen den E. Vertragliche Ansprüche wurden abgelehnt. Allerdings kamen wir zu einer Prüfung der GoA und bejahten den § 687 Abs. 2 S. 1 BGB (unechte angemaßte GoA) und kamen hier zu einem möglichen Schadensersatzanspruch und zu einem Anspruch auf Herausgabe des Gewinns. Weiter prüften wir Ansprüche aus EBV (§§ 989, 990 BGB), die wir ebenfalls bejahten. In diesem Zusammenhang prüften wir auch, ob E Eigentum an den Maschinen erlangt hatte und ob die Kunden des E gutgläubig erworben haben (§§ 929 S. 1, 932 BGB), wobei wir letzteres bejahten. Aufgrund der vielen Konstellationen und des Umfangs des Falles kann war es im Einzelnen etwas unübersichtlich. Ansprüche des W gegen den A Zuletzt waren Ansprüche des A gegen den W gefragt. In Betracht kam ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises, § 433 Abs. 2 BGB. Unmöglichkeit wurde abgelehnt, da die Zahlung weiter möglich war. Auch die Befreiung von der Gegenleistungspflicht nach § 326 Abs. 1 BGB schied aus, da die Gefahr des zufälligen Untergangs wegen § 447 Abs. 1 BGB (Versendungskauf) schon mit Übergabe an Frachtführer F auf den Käufer W übergegangen war. Sekundäransprüche des A gegen W Auch Sekundäranspruche des A gegen W schieden aus. Bei § 311a BGB mangelte es an der ursprünglichen Unmöglichkeit. Auch §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB war nicht einschlägig, da der Verkäufer im Rahmen des Versendungskaufes seiner Pflicht, die Sache an den Frachtführer zu übergeben, bereits nachgekommen ist. Kurz wurde dabei angesprochen wurde, ob das Verschulden der B dem F zugerechnet werden könne (§ 278 S. 1 BGB) und ob das wiederum dem W zuzurechnen sei. Die Prüferin fragte zum Schluss, ob es möglich sei, dem A dennoch zu einem Anspruch zu verhelfen. Die Antwort war: Ja, im Rahmen der Drittschadensliquidation. Deren Voraussetzungen wurden geprüft und bejaht.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Juli 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.