Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
10,3 |
Endnote |
9,94 |
Endnote 1. Examen |
8,12 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Amokalarm in Hamburger Schule (Bedrohung, Geiselnahme, JGG, Nötigung, Notwehr)
Paragraphen: §239 StGB, §240 StPO, §241 StGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer stieg mit einem aktuellen Thema in das Prüfungsgespräch ein, auf dem er die ganze Prüfung aufbaute. Es ging um die vier Kinder/Jugendlichen (12, 13 und 15 Jahre), die mit Spielzeugwaffen in zwei Hamburger Schulen LehrerInnen bedroht hatten. Er berichtete, dass in der einen Schule Amokalarm ausgelöst wurde, alle SchülerInnen in ihren Klassenräumen bleiben sollten und ein Großeinsatz der Polizei folgte. Die Kinder/Jugendlichen konnten von der Polizei festgenommen werden. Der Prüfer fragte die erste Kandidatin, aufgrund welcher Vorschrift der Polizei dies möglich ist. Die Kandidatin nannte § 127 StPO und § 127b StPO. Der Prüfer wollte wohl § 127 StPO genannt haben, nahm aber den § 127b StPO als Aufhänger, um das beschleunigte Verfahren nach §§ 417 ff. StPO durchzusprechen. Die nächste Kandidatin erläuterte den Ablauf und die Besonderheiten des Verfahrens. Im nächsten Schritt wollte der Prüfer dann wissen, warum diese Verfahrensart nicht so wirklich zum Einsatz kommt. Wir meinten, dass das auf die Überlastungssituation in der Justiz zurückzuführen sein könnte, da die RichterInnen und StaatsanwältInnen ja kurzfristig Kapazitäten für solche Verfahren haben müssten. Herr Dr. Labe schob dann ein, dass es mal die Überlegung gab, in der Mönckebergstraße so eine Art mobiles Gericht einzurichten, und wollte wissen, ob so etwas denn möglich wäre. Wir verwiesen darauf, dass auch in einem solchen Fall der gesetzliche Richter garantiert werden müsse. Es müsste also trotzdem vorher festgelegt sein, welcher Richter für welche Sache zuständig ist. Der Prüfer wollte wissen, wie das geregelt werde. Der Hinweis auf die Geschäftsverteilungspläne reichte ihm als Antwort aus. Als nächstes beschäftigten wir uns mit den verschiedenen Altersstufen im Strafrecht: Schuldunfähigkeit nach § 19 StGB, Anwendung des JGG bei Jugendlichen und Heranwachsenden. Der Prüfer wollte dann wissen, was mit dem Zwölfjährigen passieren würde. Nach etwas Herumraten war wohl das Jugendamt die Antwort. Dann stiegen wir in die materielle Prüfung ein. Wir begannen mit § 239 StGB und überlegten, ob das Tatbestandsmerkmal der Freiheitsberaubung auf andere Weise erfüllt sei – einmal im Hinblick auf die Lehrkräfte, die mit der Spielzeugwaffe bedroht wurden, und bzgl. der anderen SchülerInnen, die in ihren Klassenräumen festsaßen. Dabei beschäftigten wir uns losgelöst von dem Fall länger damit, was genau unter „auf andere Weise“ zu verstehen sei und ob uns Beispiele dazu einfallen würden. So richtig wussten wir nicht, worauf der Prüfer hinauswollte. Ich glaube, wir bejahten § 239 StPO und wendeten uns dann noch der Prüfung von § 241 StGB und § 240 StGB zu, wobei wir uns in beiden Prüfungen überlegten, inwieweit es eine Rolle spielt, dass es sich lediglich um Spielzeugwaffen handelte. Im Rahmen von § 240 StGB ging es dann noch kurz um den Gewaltbegriff, wobei der Prüfer nicht die gesamte historische Entwicklung durchgehen wollte, es ihm lediglich darum ging, noch einmal darauf abzustellen, dass ein körperlich wirkender Zwang erforderlich ist und nicht jede psychische Einwirkung ausreicht. Sodann entwickelte der Prüfer den Fall dahingehend weiter, dass nun ein 17-jähriger Mitschüler etwas nach dem Täter wirft, um die Freiheitsberaubung zu beenden. Wir sollten dessen Strafbarkeit prüfen, wobei es insbesondere um die Notwehr ging. Diese prüften wir detailliert inklusive der Definitionen durch, dabei erläuterten wir abstrakt die Fallgruppen der Gebotenheit und was darunter zu verstehen sei. Der Prüfer wandelte den Fall abschließend noch dahingehend ab, dass der 17-Jährige sich geirrt hatte bzgl. der tatsächlichen Bedrohungslage. So kamen wir noch auf den ETBI – mehr als die kurze Erklärung, was das ist, schafften wir aber nicht mehr. Wir waren nur zu dritt und die Prüfung verging sehr schnell! Ich wünsche Euch für Eure Prüfung alles Gute! Ihr habt mit diesem Prüfer auf jeden Fall einen guten Prüfer erwischt !
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg vom November 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.