Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
8,1 |
Endnote |
9,3 |
Endnote 1. Examen |
9,74 |
Prüfungsgespräch:
Zu Beginn fragte uns die Prüferin, wer denn kürzlich neuer Richter beim BVerfG geworden ist und erwischte uns damit kalt. Wir hatten dies alle nicht wirklich verfolgt, da ja Verfassungsrecht seit dem ersten Examen eigentlich keine Rolle mehr spielt. Ich hatte zwar noch irgendetwas im Kopf, das ich bei LTO gelesen hatte, konnte mich aber an keinen Namen erinnern. Danach fragte sie viel zum BVerfG (Wer ernennt die Richter? Wie werden die Richter von wem mit welcher erforderlichen Mehrheit gewählt? Welche persönlichen Anforderungen müssen erfüllt sein? Wie lange kann man Verfassungsrichter sein? Wie sind die Senate des Verfassungsgerichts besetzt? etc.). Dabei hatten wir kaum Zeit ins Gesetz zu gucken (ich habe bereits ewig gebraucht, um die Ordnungsnummer im Satorius zu finden). Dass wir hier insgesamt alle ein wenig am Schwimmen waren, hat der Notengebung jedoch keinen Abbruch getan. Offensichtlich hat die Prüferin also nicht vorausgesetzt, dass wir dies alles ad hoc wissen. Danach schilderte die Prüferin folgenden Fall: Der in Osnabrück wohnende V ist ein älterer Herr und Halter eines Fahrzeugs, das in Lüneburg (der Ort ist mir entfallen) bei einem Rotlichtverstoßt geblitzt worden sei. Auf dem Foto sei eindeutig erkennbar, dass der Fahrer ein jüngerer Mann ist. V konnte also definitiv nicht der Fahrer sein. Die Prüferin fragte daraufhin, was die Behörde nach so einem Rotlichtverstoß unternehme (Anhörungsbogen). Dann berichtete die Prüferin, dass V gegenüber der Behörde lediglich erklärt habe, nicht der Fahrer gewesen zu sein. Im Übrigen verweigert er jedoch die Aussage. Sie fragte uns, was die Behörde dann noch unternehmen könne. Wir kamen auf § 26 VwVfG zu sprechen und kamen darauf, dass V nochmal persönlich befragt werden könnte. Hierzu gab uns die Prüferin vor, dass die zuständige Behörde die Behörde in Osnabrück um Amtshilfe ersuchen könnte. Daraufhin erklärte die Prüferin weiter, dass V mit seinen Söhnen zusammenwohne, die potenziell beide Fahrer beim Rotlichtverstoß gewesen sein könnten. Weitergehende Ermittlungsversuche habe die Behörde jedoch nicht vorgenommen. Ein Kandidat sprach daraufhin die Möglichkeit der Behörde an, dem V eine Fahrtenbuchauflage zu erteilen. Die Ermächtigungsgrundlage (§ 31a StVZO) nannte die Prüferin uns daraufhin, sodass wir nicht länger suchen mussten. Wir subsumierten daraufhin den Sachverhalt unter die Norm und sprachen länger über die Tatbestandsvoraussetzung der fehlenden Möglichkeit der Ermittlung des Fahrers. Nach einiger Argumentation gefiel ihr scheinbar insbesondere, dass hieran zwecks Vermeidung von Massenbürokratie keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Wir kamen also zum Ergebnis, dass vor Erteilung der Fahrtenbuchauflage nicht jeder Einzelfall weitergehend ermittelt werden muss. Dem V sei auch sodann eine Fahrtenbuchauflage für 6 Monate erteilt worden. Wir sprachen sodann über die Rechtsschutzmöglichkeit und gingen daraufhin ins Prozessrecht über. Thema war zunächst ein Antrag nach § 80 V VwGO. Auch bei uns fragte sie nach dem korrekten Tenorieren sowie den einzelnen Bestandteilen des Tenors. In diesem Zuge fragte sie auch nach der Kammerbesetzung. Danach kamen wir auf die weiteren Rechtsmittel und deren Voraussetzungen zu sprechen. Letztlich (ich weiß gar nicht mehr genau wie wir dahin kamen) sprachen wir länger darüber, was eigentlich passiert, wenn der Vorsitzende einer Kammer wegfällt und die Kammer längere Zeit ohne Vorsitzenden auskommen muss (z.B. aufgrund einer Konkurrentenklage). Hier ging es nun viel um etwaige Vorschriften in der GVG. So fragte sie uns z.B. wer den Vorsitzenden vertritt, wer dies bestimmt, wie lange eine solche Stelle unbesetzt bleiben könne und was unternommen werden muss, wenn in absehbarer Zeit (6 Monate) die Stelle nicht besetzt wird. Wir kamen bzgl. des letzten Punktes leider nicht darauf, dass ein anderer Kammervorsitzender dann zwei Kammern vorsitzt. Insgesamt waren wir zunächst ein wenig niedergeschlagen nach der Prüfung, weil wir das Gefühl hatten, dass wir unser Gelerntes nicht so richtig zeigen konnten. Den Noten hat dies jedoch keinen Abbruch getan. Es macht also bei dieser Prüferin scheinbar nichts aus, auch mal im ersten Moment danebenzuliegen. Man sollte jedoch stets am Ball bleiben und die Chance nutzen sich zu korrigieren und zu verbessern. Insbesondere gefiel es ihr meines Erachtens gut, wenn man möglichst praktisch denkt. Unterm Strich habt ihr mit dieser Prüferin eine gute Prüferin bekommen, bei der man mit den erlernten Grundkenntnissen schon weit kommt. Wenn man sich dann noch bei einigen Fragen in die Rolle des Praktikers versetzt, sind gute Bewertungen auf jeden Fall möglich! Ganz viel Glück euch allen, ihr schafft das! Und glaubt nicht, dass die Prüfung stets flüssig und ganz ohne Hilfe der Prüfer vorangeht. Die Protokolle lesen sich immer flüssiger als die Prüfung tatsächlich abläuft.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im November 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.