Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – Bayern vom November 2023

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest

Prüfungsthemen: Erlass eines Bebauungsplans und Veränderungssperre

Paragraphen: §65 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, hart am Fall,  Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin schilderte zu Beginn einen Fall, den Sie in der vorherigen Prüfung auch schon (ähnlich?) gestellt hatte. Dies tat sie schnell, so dass ein Mitschreiben schwierig war. Nachfragen waren aber möglich. A ist Eigentümerin eines 80.000qm großen Grundstücks in der Gemeinde G mit Flurnummer 100. Dieses Grundstück ist unbebaut und wird derzeit zum Getreideanbau genutzt. Westlich befindet sich das Grundstück des Bauers B mit Flurnummer 200 und … qm. Südlich und nördlich befindet sich Wald. Die nächste Wohnbebauung ist 3 km entfernt. Im Norden befindet sich auch ein Nahversorgungszentrum. Für die Grundstücke der A und des B existiert kein BBP, der FNP weist es als landwirtschaftliche Fläche aus. A will eine Hofstelle mit Pferdehaltung errichten mit einer Größe von 250qm. Die restliche Fläche soll als Weidefläche dienen und ausreichend Futter für die Pferde produzieren. A beantragt einen Vorbescheid, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit feststellen soll. B erfährt hiervon und meldet beim BGM-Bedenken an, weil er im nächsten Jahr seine Schweinehaltung erweitern will. Er regt deshalb den Erlass eines BBP und einer Veränderungssperre an. Daraufhin beschließt der GR in der Sitzung: Top 1: Erlass eines BBP mit Sondergebiet Landwirtschaft. Top 2: Veränderungssperre, die alle Anlagen nach § 29 BauGB verbietet. Top 3: Das gemeindliche Einvernehmen zum Antrag der A wird versagt. Die Punkte werden vom BGM ausgefertigt und ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Entscheidung wird dem LRA mitgeteilt, das den Erlass des Vorbescheids ablehnt. Daraufhin wendet sich A an einen RA, der vor dem VG mit einer Klage vor dem VG gegen G und das LRA vorgehen soll. Als erstes fragte die Prüferin nach dem Rubrum. Sie wollte die dort zu nennenden Beteiligten hören, also insbesondere wer richtiger Beklagter (§ 78 I Nr. 1 VwGO, Passivlegitimation) ist. Hierauf folgten längere Ausführungen zur Passivlegitimation des Freistaat Bayerns nach Art. 53 I, 54 I BayBO, der Stellung des Landratsamts (Janusköpfigkeit, hier als Kreisverwaltungsbehörde tätig unter Einbezug von Art. 1, 37 I LKrO). Danach ging sie zum nächsten Prüfling über, welche Klage, denn erhoben werden würde jeweils gegen das LRA/FS Bayern und die Gemeinde. Es ging dann um das Einvernehmen und die Veränderungssperre und ihre Rechtsform (Satzung), so dass keine Klage gegen die Veränderungssperre vor dem VG möglich war (Zuständigkeit des BayVGH nach § 47 I VwGO). Sie wollte den Antrag des RA zur Versagungsgegenklage auf Erlass des Vorbescheides hören (und im späteren Verlauf auch den gleichlautenden Tenor). Sachen, die man sonst einfach aus dem Krois abgeschrieben hätte. Anschließend ging es um die Beiladung. Zunächst wurde die der Gemeinde als notwendige Beiladung genannt, § 65 I VwGO und dass dies die kommunale Selbstverwaltung (gemeindliche Planungshoheit) absichert. Hier wollte sie die Normen aus dem Grundgesetz und auch auf ausdrückliche Nachfrage der BV hören (Art. 28 II 1 GG, Art. 11 II BV). Hier fragte sie noch, ob man als RA einen Antrag bzgl. der Beiladung stellen soll (wohl von Amts wegen, sie meinte aber, dass man trotzdem einen Antrag stellen sollte) Dann ging es um die einfache Beiladung des B und weshalb diese erfolgen sollte (m.E. wegen der Rechtskrafterstreckung, § 121 VwGO). Auch wurde gefragt, wie der B sonst einbezogen wird (Antwort: im Genehmigungsverfahren nach Art. 66 BayBO). Genannt wurde auch die Präklusionswirkung der Unterschrift. Sie fragte dann, wie es dann im Schriftsatz weiter geht. Sachverhalt und dann Rechtsausführungen. Auf Nachfrage, ob sie die Zulässigkeit ausführlich hören will, meinte die Prüferin: „knapp“. Mit wenigen Sätzen wurde die Eröffnung des VWR nach § 40 I 1 VwGO, die Statthaftigkeit und Klagebefugnis abgehandelt. Damit war sie auch zufrieden und wir fuhren fort. Ob die Passivlegitimation angesprochen werden soll, quittierte sie mit einem knappen „schadet nicht“. Dann kamen wir zur RGL, Art. 71 BayBO. Anschließend wollte ein Prüfling auf §§ 29 ff. BauGB heraus. Sie stoppte und fragte „vorher?“ woraufhin ein Prüfling die Veränderungssperre nannte, auf die sie aber glaube, ich auch nicht hinauswollte, sondern die formelle RMK. Diese besprachen wir nämlich sodann, insbesondere den ordnungsgemäßen Bauantrag (Art. 71 S. 3 BayBO verweist auf Art. 64 BayBO) Hier wollte sie wissen, wieso er an die Gemeinde zu richten ist, obwohl doch das LRA für die Erteilung zuständig ist (Absicherung der gemeindlichen Planungshoheit im formellen Verfahren, so dass diese auf jeden Fall Kenntnis erlangt und gemeindliches Einvernehmen erteilen kann). Wir sprachen noch länger über das gemeindliche Einvernehmen, die Ersetzung dessen, wann und ob ein Rechtsanspruch auf das Einvernehmen besteht, wann es zu erteilen ist und wie es mit einer Klage auf Ersetzung des Einvernehmens aussieht (Nicht möglich: Prozessökonomie, § 44a VwGO). Dies ergibt sich größtenteils aus den Vorschriften des § 36 BauGB und Art. 67 BayBO, also einfach lesen. Auch wurde in diesem Zuge unter die Definition des VA in Art. 35 S. 1 BayVwVfG subsumiert, also die Rechtsnatur bestimmt (P: Außenwirkung). Es war schwierig die verschiedenen Konstellationen (Einvernehmen selbst, Ersetzung) auseinander zu halten, so dass hier m.E. etwas Verwirrung entstand, welche Konstellation gemeint ist und welche nun ein VA ist.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im November 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.