Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom April 2023

Prüfungsfach:  Öffentliches Recht

Gedächtnisprotokoll:

Es wurde eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße abgefragt. Aktenzeichen war :VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 10. Januar 2022 Eingekleidet war die Klausur außerdem durch einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Der Fall war im wesentlichen folgender: Der mittellose Kläger stellt vor Gericht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Sicherstellung von drei Gesichtsmasken und einem Kabel sowie die Herausgabe der Gegenstände. In den vergangenen Jahren wurden mit dem Fahrzeug des AS insgesamt neun, teils erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen. Zuletzt kam es am 29. November 2019 zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 46 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften, bei der der Fahrer des Pkw – wie bereits mehrfach in der Vergangenheit – eine Maske trug. Am 13. Dezember 2019 fuhr eine Polizeistreife zwecks Identifizierung an die Wohnadresse des Klägers. Nach der Ansicht der ermittelnden Beamten habe der Kläger eindeutig als der Fahrer identifiziert werden können. Insbesondere die Ohrenpartie sei auf dem „Blitzerfoto“ trotz Maske gut erkennbar und stimme mit den markanten Ohren des Klägers überein. Auch bei drei weiteren Vorgängen waren sich die Polizeibeamten aus den o.g. Gründen sicher, dass es sich bei dem Fahrer um den Kläger handele. Der Kläger reichte einen Anhörungsbogen zu dem Vorfall am 29. November 2019 ein, in dem er angab, nicht selbst gefahren zu sein. Bei dem Fahrer handele es sich um A, wohnhaft in der Ulitsa L.. in Duschanbe, Tadschikistan. Interne Ermittlungen zu der Person verliefen erfolglos. Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts wurden die Wohnung und der Pkw des Klägers durchsucht. Dabei wurden unter anderem die hier streitgegenständlichen Gesichtsmasken und das Kabel aufgefunden und per Verfügung am selben Tag sichergestellt. Es handelt sich um drei Masken – eine Kunststoffmaske mit Haaren, eine schwarze Kunststoffmaske mit einem Gitter vor den Augenöffnungen und eine Stoffmaske mit Sehschlitzen. Bei dem Kabel handelt es sich um ein ca. 3 – 4 cm dickes und ca. 40 cm langes Kabel, das an einem Ende mit stabilem Klebeband umwickelt ist. Mit Schreiben vom 01. März 2021 wurde der Kläger zu einer geplanten Verwertung angehört, der er mit Schreiben vom 09. März 2021 widersprach. In dem Schreiben begehrte er zudem die Aufhebung der Sicherstellungsverfügung sowie die Herausgabe der sichergestellten Gegenstände. Die Sachen stünden in keinem Zusammenhang mit der Anordnung der Wohnungsdurchsuchung. Es handele sich weder um Tatwaffen noch Beweisstücke, sondern um Alltagsgegenstände. Die Staatsanwaltschaft habe den Fall bereits geschlossen. Die Wohnungsdurchsuchung habe eindeutige Beweise für seine Unschuld geliefert. Das Kabel habe er gelegentlich als Werkzeug genutzt. Die Behauptung, es sei ein Totschläger, sei eine Interpretation der Polizei. Die Masken seien als Schutz beim Paintball gedacht. Die schwarze Plastikmaske sei extra dafür gekauft worden und habe 850,00 € geko. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2021 wurde der Widerspruch gegen die Sicherstellungsverfügung zurückgewiesen mit der Begründung, die Sicherstellung, gegen die der Kläger sich wende, sei rechtmäßig erfolgt. Es habe bei der Wohnungsdurchsuchung am 25. September 2020 eine gegenwärtige Gefahr bestanden, die auch jetzt noch bestehe. Mit dem Fahrzeug des Klägers seien in der Vergangenheit mehrere Geschwindigkeitsverstöße mit Masken begangen worden, sodass der Fahrer nicht habe identifiziert werden können. Es sei zu vermuten, dass die vom Kläger als Fahrer angegebene Person nicht existiere, da zu ihr keine weiteren Informationen hätten erlangt werden können. Die sichergestellten Masken könnten dazu genutzt werden, erneut maskiert Geschwindigkeitsverstöße zu begehen. Hingegen seien sie nicht geeignet, beim Paintball spielen eingesetzt zu werden. Hierfür seien stabile und sichere Masken notwendig, da die Gefahr von Augenverletzungen durch die 285 – 329 km/h schnellen Geschosse bestehe. Ohne entsprechende Schutzmaske dürfe man in der Regel noch nicht einmal das Spielfeld betreten. Der Kläger habe zudem einen falschen Preis für die schwarze Kunststoffmaske angegeben. Diese sei im Handel für 15,90 € erhältlich und nach einem Hinweis des Herstellers gerade nicht für das Paintball spielen geeignet. Nach polizeilicher Erfahrung sei davon auszugehen, dass die Masken zu Zwecken eingesetzt würden, bei denen die Identität des Trägers verschleiert werden solle. Da der bzw. die Fahrer des Pkw des Klägers bereits mehrfach bei Geschwindigkeitsüberschreitungen seine/ihre Identität verschleiert hätten, sei davon auszugehen, dass das auch in Zukunft wieder erfolgen werde. Das Argument, dass der Kläger keiner Straftat/Ordnungswidrigkeit schuldig gesprochen worden sei, verfange nicht. Es handele sich um eine präventive Sicherstellung zur Gefahrenabwehr und nicht um eine repressive Maßnahme. Auch die Sicherstellung des zur Waffe umfunktionierten Kabels sei rechtmäßig. Es handele sich dabei um eine Waffe nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) Waffengesetz – WaffG –. Das Führen solcher Waffen sei nach § 42a Abs. 1 Nr. 2 WaffG grundsätzlich verboten. Das Kabel sei mit Hilfe von Klebeband derart verändert worden, dass es nicht mehr seinen ursprünglichen Zweck erfülle, sondern – insbesondere durch die Befestigung einer größeren Menge Klebeband an der Griffseite zum besseren Halten – zu einer Hieb- und Schlagwaffe umfunktioniert worden sei. Eine sinnvolle andere Verwendungsmöglichkeit bestehe nicht. Durch die Sicherstellung werde ein fortlaufender Verstoß gegen § 42a Abs. 1 Nr. 2 WaffG unterbunden. Im Widerspruchsbescheid wurde zudem die Verwertung der Masken und die Vernichtung des Kabels angeordnet. Auch dies sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Sicherstellung der Masken sei mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden und das Kabel könne aufgrund der Waffeneigenschaft nicht mehr an den Kläger herausgegeben werden. Er meint, die Sicherstellung sei absolut rechtsverletzend und unzulässig. Er habe die Gegenstände bereits seit Jahren in Gebrauch und sie hätten nie eine Gefahr dargestellt. Das Kabel sei als Hebel beim Reifenwechsel benutzt worden. Mit dem Klebeband habe er es nur sicherer gemacht. So würden Verletzungen durch scharfe Kanten vermieden. Die Masken würden schon seit Jahren bei verschiedenen Spielen verwendet. Die schwarze Maske sei vor 10 – 15 Jahren gekauft worden. Die Rechnung habe er noch. Die Polizei habe in insgesamt neun Fällen den Fahrer seines Wagens nicht identifizieren können, weil sie ihren Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachkomme. Er habe den Fragebogen ausgefüllt und die Meldeadresse des Fahrers durchgegeben. Wenn man bei einem solchen Informationszufluss den Fahrer nicht ermitteln könne, zeige das eindeutig, dass die Polizei ihren Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgegangen sei. Alle sichergestellten Gegenstände seien frei verkäuflich. Es sei bei keinem Gegenstand verboten, ihn zu besitzen. Die Polizei operiere nur mit Vermutungen und versuche, ihm Gebühren aufzuzwingen. Es gelte die Unschuldsvermutung.

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom April 2023 im zweiten Staatsexamen in Rheinland-Pfalz. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.