Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
11,1 |
Endnote |
11,9 |
Endnote 1. Examen |
10.5 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Lohnsteuerrecht
Paragraphen: §39 EStG, §355 AO, §329 AO, §179 AO, §180 AO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner
Prüfungsgespräch:
Die Prüferin stieg nicht direkt ins Steuerrecht ein sondern fragte in die Runde, wer etwas über eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gehört habe. Sie wollte dabei auf die Entscheidung zum Kreuzerlass hinaus. Dieser wurde 2018 durch die bayrische Staatsregierung als Rechtsverordnung beschlossen. Ein Prüfling ist dabei auf die negative Religionsfreiheit eingegangen, Art. 4 GG, 140 GG, WRV. Nun sollte erklärt werden, was man gegen den Kreuzerlass unternehmen könne. Es wurden die Möglichkeiten der Normenkontrolle nach 47 VwGO und der Popularklage besprochen. Kann auch ein Verein die Normenkontrolle erheben? Nach § 47 II VwGO kann den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Die Normenkontrolle ist ein objektives Beanstandungsverfahren. In der Begründetheit muss keine Verletzung in subjektiven Rechten dargelegt werden. Bei der Klagebefugnis muss der Verein gem. § 47 II VwGO allerdings die Möglichkeit einer Verletzung in subjektiven Rechten behaupten. Die (negative) Religionsfreiheit kann auch durch einen Verein geltend gemacht werden, Art. 19 III GG. Auch Beteiligtenfähigkeit und Prozessführungsbefugnis des Vereins wurden kurz angerissen. Zuletzt fragte sie noch, wie diese ursprünglich bayrische Rechtsstreitigkeit zum Bundesverwaltungsgericht gekommen sein könnte, dies geschah durch eine Revisionseinlegung. Es wurde kurz auf den Instanzenzug der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingegangen. Aufgrund der Aktualität der Fragestellungen ist mit keiner Wiederholung dieser Themen zu rechnen. Anschließend ging die Prüferin zum Steuerrecht über. Sie bildete folgenden Fall, der später immer weiterentwickelt wurde: Ein Steuerpflichtiger ist stark durch die Lohnsteuer belastet, er hat auch hohe Werbungskosten von 18.000€ Diese hohen Werbungskosten möchte der Steuerpflichtige bereits während des laufenden Kalenderjahres berücksichtigt wissen. Wie kann er das erreichen? Der Steuerpflichtige kann einen entsprechenden Antrag stellen. Anschließend sollten durch einen anderen Prüfling die Lohnsteuerabzugsmerkmale aufgezählt werden. Dies bereitete allen Prüflingen etwas Schwierigkeiten. Mit etwas Hilfe wurde § 39 Abs. 4 EstG gefunden, in dem die Lohnsteuerabzugsmerkmale aufgezählt werden. Der Steuerpflichtige erhält einen Anruf der Sachbearbeiterin vom Finanzamt, es wird ihm mitgeteilt, dass von den begehrten 18.000€ Werbungskosten nur 12.000€ berücksichtigt werden können. Hierbei sollte dann erklärt werden, dass es sich bei dieser Telefonischen Äußerung um einen Verwaltungsakt handelt, gegen den man Einspruch einlegen könnte. Es wurden kurz die Voraussetzungen des Einspruchs aufgezählt. Nach 39 I 4 EstG wäre in dieser Konstellation auch eine Änderung über den Vorbehalt der Nachprüfung möglich. Der Steuerpflichtige gibt keine Steuererklärung ab, was macht das Finanzamt? Das Finanzamt wird ein Zwangsgeld als Zwangsmittel androhen. Dies ist in § 329 AO geregelt. Ebenso wird es einen Sicherheitszuschlag erheben. Die Besteuerungsgrundlagen können geschätzt werden, 162 AO. Wie wird durch das Finanzamt geschätzt? Für eine solche Schätzung kann sich das Finanzamt die Bescheide der Vorjahre anschauen, ggf. auch auf Zahlen der Umsatzsteuer zurückgreifen. Da die Fragen sehr praxisorientiert waren wurde die Prüfung hier etwas zäh. Insgesamt drehe sich die Prüfung im Steuerrecht bei uns ausschließlich um die Lohnsteuer, klassische Fragen aus dem EstG wurden nicht gestellt. Bei der Notenvergabe war die Prüferin streng und Vornoten orientiert.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im Dezember 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.