Prüfungsfach: Strafrecht
Gedächtnisprotokoll:
Für den Mandant (M) sollen Revisionsaussichten anwaltlich begutachtet werden. Er wurde durch das Landgericht Kassel zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten wegen versuchten Diebstahls mit Waffen tateinheitlich mit Sachbeschädigung in zwei Fällen, sowie Diebstahl in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Urkundenfälschung sowie Urkundenfälschung in zwei Fällen verurteilt. Seine Tante betreibt ein Juweliergeschäft und er entschloss sich dieses mit zwei gesondert verfolgten Mittätern zu überfallen. Dabei sollten die beiden Mittäter mit einem Mercedes, welchen der Mandant zuvor entwendet hatte, das Schaufenster des Juweliergeschäftes einfahren und Luxusuhren entwenden. M selbst sollte in einem weiteren Fahrzeug, welches als Fluchtfahrzeug dient, etwas abseits warten. M rief während der Mittagspause in dem Juweliergeschäft an, da man sichergehen wollte, dass sich niemand im Geschäft aufhält Nachdem aufgrund des Anrufes feststand, dass sich niemand mehr im Geschäft aufhielt, gab er per WhatsApp den gesondert Verfolgten das Startsignal und diese fuhren gegen das Panzerglas des Juweliergeschäftes Das Panzerglas brach jedoch nicht wie geplant. Die gesondert Verfolgten erkannten, dass Sie zwar noch einen zweiten Versuch unternehmen könnten, um das Glas zu durchbrechen, entschlossen sich aber zu flüchten, da Passanten aufmerksam wurden und riefen „wie könnt ihr das nur euren Müttern antun“. Dabei nahm M in Kauf, dass der zuvor entwendete Mercedes einen Wertverlust in Höhe von mehr als 50 Prozent durch den Crash erleidet. Der Mercedes wurde am Tatort zurückgelassen. Die Beute sollte wie folgt aufgeteilt werden: M 20%, die gesondert Verfolgten jeweils 40%, da deren Risiko höher war. Ein paar Tage zuvor hatte M bei einem anderen Fahrzeug die KFZ-Kennzeichen abgeschraubt und diese an seinem eigenen Golf befestigt. Dies tat er, da er sein eigenes KFZ als Fluchtauto benutzen wollte und er so eine Identifizierung durch Halterabfrage verhindern wollte. Die Kennzeichen des anderen Fahrzeugs wollte er im Anschluss daran entsorgen. Der Golf mit den nicht dazugehörigen Kennzeichen diente dann auch wirklich als Fluchtwagen. Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Probleme ist das Folgende wichtig gewesen: M hatte seiner neuen Freundin die Tat mit sämtlichen Details geschildert, welche daraufhin zur Polizei gegangen ist und dort gegen ihn ausgesagt hat. Nach der Aussage bei der Polizei verlobten sie sich und die Freundin berief sich in der Hauptverhandlung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. M war jedoch bereits verheiratet und erst ein paar Monate vor der Verhandlung aus der Wohnung der Ehefrau ausgezogen. Der Polizeibeamte, welcher die neue Freundin des M vernommen hatte, wurde als Zeuge vom Hörensagen über die Aussage dieser vernommen. Zudem hatte M seiner Tante einen Entschuldigungsbrief geschrieben und in diesem den Tathergang ausführlich geschildert. Die Tante übergab den Brief an die Polizei. Vor Gericht verweigerte die Tante jedoch die Aussage mit der Begründung „Sie möchte nicht, dass Stefan (M) bestraft wird“. Das Gericht verlas den Brief nach § 249 I StPO.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Januar 2024 im zweiten Staatsexamen in Hessen. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.