Prüfungsfach: Öffentliches Recht
Gedächtnisprotokoll:
Bei der Klausur ÖR musste eine Verfassungsbeschwerde geprüft werden. Grob zusammengefasst wollte sich ein Soldat gegen die Pflicht zum Schneiden seiner Haare wehren. Der Fall wurzelt in der Entscheidung des BVerwG, Urteil vom 31.01.2019 – 1 WB 28.17 Geprüft werden mussten die Grundrechte Art. 5 I, Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG und Art. 3 I GG. Problematisch war bei den Schranken insbesondere, ob für den Haar- und Barterlass der Bundeswehr eine gesetzliche Ermächtigung existiert bzw. existieren muss. BVerwG: Für Haar- und Barterlass der Bundeswehr fehlt gesetzliche Ermächtigung Der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-2630/1 „Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“ fehlt eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Dies hat der Erste Wehrdienst Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteil vom 31.01.2019 klargestellt. Für eine Übergangszeit sei diese Dienstvorschrift, die allgemein als „Haar- und Barterlass“ bekannt ist, aber auch zum Beispiel Regelungen zu Tätowierungen und Piercings trifft, bis zu einer entsprechenden Neuregelung weiterhin anzuwenden (Az.: 1 WB 28.17). Stabsfeldwebel und Gothic-Fan will lange Haare tragen Dem jetzt entschiedenen Verfahren liegt die Wehrbeschwerde eines Stabsfeldwebels zugrunde, der nach eigenen Angaben ein Anhänger der Gothic-Kultur ist und lange Haare tragen möchte. Er hält die Regelung in Nr. 202 der ZDv A-2630/1 für diskriminierend, nach der männliche Soldaten die Haare kurz geschnitten tragen müssen. Dieselbe Dienstvorschrift gestatte es Soldatinnen, die Haare lang und am Hinterkopf zusammengebunden zu tragen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Gesetzliche Grundlage erforderlich Den Antrag des Soldaten auf Aufhebung der Dienstvorschrift hat das BVerwG im Ergebnis zurückgewiesen. Wie bereits in einer früheren Entscheidung dargelegt, schließe es das Gleichberechtigungsgebot nicht aus, für Soldatinnen und Soldaten unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Dienstkleidung und Haartracht bei der Dienstausübung vorzusehen (NVwZ-RR 2014, 767). Allerdings bedürften Regelungen, die in die Freiheit des Einzelnen, seine äußere Erscheinung individuell zu gestalten, eingreifen, einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Dies folge aus der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit, die auch den Soldaten davor schütze, ohne gesetzliche Grundlage durch dienstliche Weisung Einschränkungen seines persönlichen Erscheinungsbildes hinnehmen zu müssen, die sich auch auf sein Aussehen außerhalb des Dienstes auswirken. Ermächtigung in Soldatengesetz betrifft nicht Gestaltung von Körperbestandteilen Eine solche ausreichende gesetzliche Grundlage enthalte – wie der Erste Wehrdienstsenat nunmehr festgestellt hat – § 4 Abs. 3 Satz 2 SG nicht. Die Norm ermächtige jedenfalls in der seit 2017 geltenden Fassung nur zu Bestimmungen über die Uniform und die Kleidungsstücke, die mit der Uniform getragen werden. Weder dem Wortlaut der Norm noch den Gesetzgebungsmaterialien sei eindeutig zu entnehmen, dass der Erlassgeber im Sachzusammenhang mit der Festlegung einer Kleiderordnung auch zu notwendig in den privaten Lebensbereich hineinwirkenden Regelungen über die Gestaltung von Körperbestandteilen von Soldatinnen und Soldaten ermächtigt werde. Dienstvorschriften vorläufig weiter anzuwenden Da die früher geltende Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 2 SG aber weiter ausgelegt worden sei und ein einheitliches Auftreten der Bundeswehr im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit geboten sei, seien die Dienstvorschriften bis zu einer gesetzlichen Neuregelung vorläufig weiter anzuwenden. Der Gesetzgeber werde auch darüber zu befinden haben, ob eine unterschiedliche Regelung der Haartracht von Männern und Frauen in der Bundeswehr künftig weiterhin geboten sei.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Oktober 2023 im ersten Staatsexamen in Hessen. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.