Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
18 |
Endnote |
18 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Diebstahl
Paragraphen: §242 StGB
Prüfungsgespräch: verfolgt Zwischenthemen
Prüfungsgespräch:
Wir haben uns wenige Tage vor der Prüfung mit der Prüferin per Skype zu einem Telefonat verabredet. Nach enormen technischen Schwierigkeiten haben wir etwa 15 Minuten mit ihr sprechen können. Die Prüferin war im Vorgespräch freundlich und hat uns versucht zu beruhigen. Jeder Kandidat sollte dann ein paar Worte über sich sagen. Die Prüferin erklärte uns, dass sie uns in der Prüfung einen kleinen Sachverhalt mitbringen werde und wir diesen gemeinsam lösen werden. Sie schloss Aussagedelikte und Untreue aus, wollte darüber hinaus aber nichts ausschließen. Sie sagte aber, dass sie kein vertieftes Wissen zum Strafprozessrecht erwarte, allenfalls werde sie am Ende der Prüfung noch nach dem zuständigen Gericht oder ähnlichem fragen. Sie wies uns auch darauf hin, dass sie nach dem Prüfungsgespräch fragen werde, ob sich jemand „unterprüft“ fühle und wir die Frage bitte ehrlich beantworten sollen. Die Prüferin teilte uns einen kurzen Sachverhalt aus, den sie selber vorlas. Der Sachverhalt ging wie folgt: A hat von ihren Schwiegereltern X und Y vor mehreren Jahren einen Schlüssel zu deren Wohnung bekommen. A und ihr Mann haben sich mittlerweile scheiden lassen und A ist nun mit B liiert. Die ehemaligen Schwiegereltern haben nach all den Jahren vergessen, dass die A noch einen Schlüssel zu ihrer Wohnung besitzt. B, der mitbekommen hat, dass die ehemaligen Schwiegereltern seiner Lebensgefährtin verreist sind, nimmt den Schlüssel der A und öffnet die Wohnungstür von X und Y. Er entwendet mehrere wertvolle Schmuckgegenstände und verlässt sie Wohnung wieder. Wie hat B sich strafbar gemacht? Der erste Kandidat begann mit einem einfachen Diebstahl nach § 242 Abs. 1 StGB. Wir definierten die fremde bewegliche Sache (Schmuck) und die Wegnahme. Bei der Wegnahme diskutierten wir vor allem den Begriff des Bruchs und sprachen über den Unterschied zwischen tatbestandlichem Einverständnis und rechtfertigender Einwilligung. Die Prüferin ließ uns zudem den strafrechtlichen Gewahrsam vom zivilrechtlichen Besitz abgrenzen und fragte uns nach Beispielen, bei denen Gewahrsam und Besitz auseinanderfallen. Als nächstes folgte die Prüfung der Wegnahme Absicht. Als Qualifikation war dann auf § 244 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB (Wohnungseinbruchdiebstahl) einzugehen. Die Prüferin fragte in dem Zusammenhang auch nach dem Unterschied zwischen einer Qualifikation und einem Regelbeispiel. Im Rahmen der Prüfung des § 244 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB ging es sodann vor allem um das Merkmal des falschen Schlüssels. Hierzu vertraten die Kandidaten unterschiedliche Ansichten. Die Prüferin wandelte den Fall anschließend insoweit ab, dass X und Y im Urlaub verstorben sind und der Sohn (als Erbe) nun hin und wieder die Wohnung betritt, in die auch B mit dem Schlüssel der A hineingegangen und die Schmuckgegenstände entwendet hat. Hierbei war ebenfalls auf §§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB einzugehen. Im zweiten Teil des Prüfungsgesprächs ging es um einen Probefahrt-Fall. Die Prüferin schilderte uns folgenden Sachverhalt: A geht in ein Autohaus und gibt vor, ein Auto kaufen zu wollen. Er vereinbart mit dem Mitarbeiter des Autohauses, dass er eine Probefahrt machen darf. In Wirklichkeit hatte A von Anfang an vor, nicht zurückzukehren und das Auto zu behalten. A kommt wie geplant nicht zurück in das Autohaus. Wie hat A sich strafbar gemacht? Wir begannen erneut mit der Prüfung eines einfachen Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB. Auch hier stellten wir fest, dass sich der Gewahrsam nach, der von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächlichen Sachherrschaft bestimmt. Problematisch war der Bruch des fremden Gewahrsams. In diesem Zusammenhang diskutierten wir in der Gruppe, ob es sich bei der Aushändigung des Autos zum Zwecke einer Probefahrt um eine Gewahrsamslockerung handelt. Als nächstes prüfte ein Kandidat die Zueignungsabsicht. Wir prüften danach noch den Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB gegenüber dem Mitarbeiter des Autohauses und zulasten des Autohausbetreibers (Dreiecksbetrug).
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom April 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.