Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz vom Mai 2024

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

9,22

Endnote

10,05

Endnote 1. Examen

7,85

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Vermögensdelikte, Erkenntnisverfahren, Revision

Paragraphen: §249 StGB, §250 StGB, §253 StGB, §255 StGB, §337 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu,  verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte den folgenden Fall: A betrat den Imbiss des O, in welchem der Letztere gerade Reinigungsarbeiten vornahm. Er zückte einen handelsüblichen Schraubendreher, trat bis zu 50cm an den O heran und forderte diesen unter lautem Schreien und Vorhalten des Schraubendrehers auf, ihm Geld zu geben. In Angst um sein Leben öffnete O die Kasse und gab ihm EUR 1.000 in bar mit. Danach trat A an den im Imbiss befindlichen Spielautomaten heran, öffnete diesen gewaltsam mit dem Schraubendreher und nahm die darin befindliche Geldkassette an sich. Dies löste einen Alarm aus, welcher den Polizisten P sofort im Imbiss erschienen ließ. Er forderte den A auf, sich zu ergeben. A hingegen ließ die Kassette aus dem Spielautomaten fallen (das Bargeld aus der Kasse befand sich immer noch in seiner Tasche) und lief davon. P wusste, dass der O eine laufende Videokamera installiert hat. Mithilfe der Aufnahmen erhofft sich P, den A ausfindig zu machen. Die erste Frage lautete, was P unternehmen könnte, um nach dem A zu fahnden. Welche Möglichkeiten gibt es und wie nennt man das? Der Prüfer wollte auf die Vorschrift des § 131 StPO hinaus und die dortigen Voraussetzungen (§ 131 III StPO war zu prüfen) erläutert wissen. Danach ergänzte der Prüfer zum Fall, dass der A auf diesem Wege ausfindig gemacht werden konnte. Es handelt sich um einen ledigen Arbeitslosen mit festem Wohnsitz in Trier, der bereits mehrere Eintragungen im BZR hat und gerade unter offenen Bewährung steht. Nun fragte der Prüfer, was wir an Stelle des P Unternehmen würden. In diesem Fall sollten wir den Erlass eines Haftbefehls beantragen, § 112 StPO, da ein dringender Tatverdacht besteht und der Haftgrund der Fluchtgefahr hier durchaus angenommen werden kann. Daraufhin schilderte der Prüfer, dass das LG den A im anschließenden Verfahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilte aufgrund §§ 253, 255, 250 I Nr. 1 lit. b) StGB in Tateinheit mit §§ 242, 22, 23 StGB. Wir wären nun in der Rolle des Rechtsanwalts V, zu dem A kommt, weil er mit dem Urteil nicht zufrieden ist. Was können wir tun? Nachdem der erste Kandidat recht weite Ausführungen zu einer (hier nicht statthaften) Berufung gemacht hat, stiegen wir in die Prüfung der Revision ein. Hier wollte der Prüfer sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen erläutert wissen und so dann die Begründetheit. Wann ist die Revision begründet? Wenn das Urteil auf der Verletzung des Gesetzes beruht (§ 337 StPO). Wir stiegen ziemlich schnell in die Sachrüge ein und prüften, ob in der Tat eine schwere räuberische Erpressung und ein versuchter Diebstahl vorliegt. Bei der Prüfung der schweren räuberischen Erpressung wurde dann lehrbuchartig vorgegangen. Die Tat ließ sich ohne Weiteres unter die Qualifikation des § 250 I Nr. 1 lit. b) StGB subsumieren. Hier musste erkannt werden, dass allerdings sogar eine „besonders“ schwere räuberische Erpressung nach § 250 II Nr. 1 Alt. 2 StGB vorlag, da anhand der einschlägigen Definitionen der Schraubendreher als ein gefährliches Werkzeug subsumiert werden konnte und dieses mittels Drohung auch „verwendet“ wurde. Bei der Prüfung des versuchten Diebstahls verkannte das Gericht zudem, dass hier ein besonders schwerer Fall vorgelegen hat, da die Geldkassette besonders gegen eine Wegnahme geschützt war. Da zwar im Falle der Verteidigerrevision das Gericht nicht zuungunsten des Angeklagten entscheiden darf, das Gesetz aber für den Fall des § 250 II StGB eine Mindeststrafe von 5 Jahren vorsieht, ist es also abwegig, dem A zur Einhegung der Revision zu raten, da er kein milderes Urteil erlangen können wird.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Mai 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.