Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen vom Mai 2024

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

5,0

Endnote

6,2

Endnote 1. Examen

6,3

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Entscheidungsformen des VG, Rechtsmittel, einstweiliger Rechtsschutz, kurze Fälle

 Paragraphen: §80 VwGO, §123 VwGO, §124a VwGO, §132 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann mit der Frage welche Entscheidungsformen die Verwaltungsgerichtsbarkeit kenne. Hierauf nannten wir den Beschluss, das Urteil und den Gerichtsbescheid. Sodann klärten wir den Unterschied zwischen Bescheidungs- und Verpflichtungsurteil. Außerdem ging es darum, wie sich Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Hinblick auf Rechtsschutzziel und Statthaftigkeit unterscheiden. Die Prüferin wollte dann nochmal auf die unterschiedlichen Urteilsarten hinaus. Dabei haben wir die § 107 ff. VwGO herangezogen. Es gibt das Endurteil, das Zwischenurteil und das Teilurteil, welche in der VwGO normiert sind. Das Prozessurteil ist hingegen nicht normiert. Ein Teilurteil wirkt sich auf die Rechtskraft aus und dies ist hier zu beachten. Die Prüferin wollte im Folgenden auf die Rechtsmittel der VwGO hinaus. Wir nannten die Berufung und die Revision. Im Folgenden mussten wir immer sehr genau in den Normen nachlesen und die Prüferin weist teilweise sogar auf die einschlägigen Normen hin. Zuerst sprachen wir näher über die Berufung. Diese muss entweder direkt zugelassen werden oder es muss ein Antrag auf Zulassung der Berufung wegen §124a Abs. 4 VwGO gestellt werden. Gegen die Nichtzulassung infolge des Antrags gibt es kein Rechtsmittel. Dies ergibt sich aus § 152 VwGO. Bei Zulassung des Antrags muss wegen § 124a Abs. 5 S. 5. VwGO nicht nochmals die Berufung gesondert eingelegt werden. Es besteht lediglich ein Begründungserfordernis nach § 124a Abs. 6 VwGO. Dann sprachen wir über die Revision. Wir haben uns hierzu den § 132 VwGO sehr genau angeschaut. Unter anderem tritt wegen § 133 Abs. 4 VwGO bei laufendem Revisionsverfahren die Rechtskrafthemmung ein. Gegen einen ablehnenden Beschluss ist die Beschwerde statthaft. Dann fragte die Prüferin welche Arten des Eilrechtsschutzes die VwGO kennen würde. Hier nannten wir § 80 Abs. 5, § 80a, § 123 und § 47 Abs. 6 VwGO. Wir wurden gefragt auf welche Situation § 80 Abs. 5 VwGO anzuwenden sei. Hier sprachen wir darüber, dass es sich um eine Anfechtungssituation handeln muss und der Schutz des Antragstellers vor einer Belastung des Rechtsschutzziel ist. Bei einer Beschwerde gegen einen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz trifft das VG keine Nichtabhilfeentscheidung, sondern legt gem. § 146 Abs. 4 VwGO direkt dem OVG vor. Dann kamen wir auf die Sprungrevision nach § 134 Abs. 1 VwGO zu sprechen, diese sei der Prüferin allerdings noch nie in ihrer Richterkarriere begegnet. Im folgenden Teil ging es noch um die Möglichkeiten einer Verfahrensbeendigung ohne zu tun des Gerichts. Hierzu sprachen wir zuerst über die Klagerücknahme nach § 92 VwGO. Die Kosten sind dann wegen § 155 Abs. 2 VwGO von dem zu tragen, der zurückgenommen hat. Dazu schilderte die Prüferin den folgenden Fall: Der Kläger streitet mit der Gemeinde über einen erhobenen Straßenbeitrag. Der Anwalt des Klägers legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Berechnung nicht nachvollziehbar wäre. Er nahm Akteneinsicht. In der Folge rügte der Bevollmächtigte das Fehlen von Unterlagen zur Berechnung. Es wurde nach ergehen des Widerspruchsbescheids Klage erhoben. Die Gemeinde legte auch im Klageverfahren zuerst die fehlenden Unterlagen nicht vor. Der Bevollmächtigte fragte hierzu mehrmals nach. 3 Jahre nach Beginn des Verwaltungsstreitverfahrens legte die Gemeinde die fehlenden Unterlagen vor. Der Bevollmächtigte nahm in der Folge zurück. Hier gilt eine Ausnahme von der Kostentragungspflicht nach § 155 Abs. 2 VwGO. Nach § 155 Abs. 4 VwGO hat die Gemeinde die Kosten zu tragen, weil diese ein Verschulden wegen der verspäteten Übersendung der Unterlagen trifft. Besser wäre es gewesen, wenn der Bevollmächtigte nach § 161 VwGO die Erledigung erklärt hätte. Wegen § 158 Abs. 2 VwGO gibt es keinen förmlichen Rechtsbehelf gegen die Kostenentscheidung in diesem Fall. Die Prüferin wollte dann noch von uns hören, dass trotzdem die „Gegenvorstellung“, welche nicht normiert ist, und die Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 1 VwGO möglich wären. Zuletzt schilderte die Prüferin einen Fall im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO: Es sollte ein neues Anflugverfahren auf den Frankfurter Flughafen erprobt werden. Ein Anwohner begehrt das Unterlassen der Erprobungsmaßnahmen. Wir sollten dann erklären, ob es sich hier um eine Regelung- oder eine Sicherungsanordnung handelt. Im Ergebnis wäre laut der Prüferin beides vertretbar. Sie wollte außerdem von uns wissen, ob hier nicht eine Vorwegnahme der Hauptsache wahrscheinlich wäre und ob uns noch andere Beispiele hierzu einfallen würden. Dazu nannten wir die Untersagung eines Volksfestes oder einer Demonstration. Als letzte Frage der Prüfung wollte die Prüferin wissen was zu beachten wäre, wenn eine Vorwegnahme der Hauptsache wahrscheinlich wäre. Hierzu führten wir aus, dass im Rahmen der Würdigung der Glaubhaftmachung eine schärfere Beurteilung der Beweismittel geboten ist. Danach war die Prüfung vorbei.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Mai 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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