Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Niedersachsen vom März 2024

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

12,01

Endnote

12,65

Endnote 1. Examen

12,53

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Stellvertretung bei einer Kündigung Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen

Paragraphen: §174 BGB, §307 BGB, §49 HGB, §54 HGB

Prüfungsgespräch: Diskussion, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer knüpfte zunächst an den vorherigen Aktenvortrag an. Er fragte, woraus sich ergebe, dass Celle für den Bereich Celle zuständig sei. Nach einigem Überlegen kamen wir darauf, dass sich das wohl aus dem NJG ergeben würde. Er fragte dann weiter, warum das Land, denn eigentlich zuständig dafür sei dies zu regeln. Wir kamen auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 I Nr. 1 GG zu sprechen. Nach dieser kurzen Einführung teilte uns der Prüfer einen Zettel aus, auf dem ein (arbeitsgerichtliches, dies war aber nicht weiter von Relevanz, es hätte auch ein normales ZR-Urteil sein können) abgebildet war. Auf dem Urteil war der Tenor abgedruckt und wir wurden gefragt, was uns dort auffiele. Es fehlte die Kostenentscheidung. Der Prüfer fragte uns, was wir nun dagegen aus Anwaltssicht tun könnten. Wir kamen zum einen auf die Protokollberichtigung nach § 164 ZPO zu sprechen. Diese half uns aber vorliegend nicht weiter, weil (wie der Prüfer uns mitteilte) das Protokoll vorliegend in Ordnung war. Wir kamen nach einiger Zeit auf die Urteilsergänzung nach § 321 ZPO. Der Prüfer fragte uns dann, ob wir wissen würden, ob es ein Problem wäre, dass vorliegend auch kein Vollstreckungstenor gegeben wäre. Dies war kein Problem, weil arbeitsgerichtliche urteile stets von Gesetzes wegen vorläufig vollstreckbar sind (§ 62 ArbGG). Der Prüfer teilte uns dann einen weiteren Zettel aus, auf dem ein Kündigungsschreiben einer GmbH an einen Arbeitnehmer abgedruckt war. er präsentierte uns 3 verschiedene Varianten: a. das Kündigungsschreiben ist von einer Mitarbeiterin der GmbH unterzeichnet. Was können wir als Anwalt des Kündigungsempfänger tun? = Kündigung nach § 174 BGB zurückweisen, weil keine Vollmacht beigefügt. b. das Schreiben ist von einem von 2 Geschäftsführern unterzeichnet? Hier hilft uns § 174 BGB nicht weiter. Allerdings kann man prüfen, ob der Geschäftsführer überhaupt einzelvertretungsmacht, hat, weil nach § 35 II GmbH grundsätzlich Gesamtvertretungsmacht gilt. c. das Schreiben ist von einem Prokuristen unterschrieben? Hier erinnere ich mich leider nicht mehr an die richtige Antwort. Abschließend stellte der Prüfer noch einen Fall: Die 95-jährige O wird ins Krankenhaus eingeliefert. Sie ist vollgeschäftsfähig und unterschreibt einen Behandlungsvertrag. Dieser enthält einen Haftungsausschluss bzgl. eines Verlusts persönlicher Gegenstände des Patienten. Anschließend gehen die persönlichen Gegenstände der O aus ungeklärten Umständen verloren. Die O muss neue Kleidung kaufen und lässt zudem ihr Schloss austauschen, weil auch ihr Schlüssel verloren wurde. Kann sie Schadensersatz verlangen? Prüfung § 280 I BGB Schuldverhältnis (+), 630a BGB-Pflichtverletzung nach § 241 II BGB? -Grundsätzlich besteht eine Obhutspflicht als Nebenpflicht hinsichtlich der Gegenstände. Jedoch Ausschluss der Haftung durch Klausel? -> unwirksam nach § 309 Nr. 7b BGB-Vertreten müssen (+), § 280 I 2, 278 BGB-Schaden? (P) Kleidung = Abzug neu für Alt (P) Austausch Schloss = erforderlich? Oder genügt Anfertigung Ersatzschlüssel? Hängt von konkreten Umständen ab, namentlich inwieweit Missbrauchsgefahr besteht. Vorliegend war der Schlüssel zum Haus der O zuzuordnen, darum Austausch (+) Ich kann euch empfehlen euch in Vorbereitung auf die Prüfung insbesondere noch einmal mit BGB AT zu beschäftigen. Der Prüfer ist Arbeitsrichter und prüft darum (wohl) gerne Themen, die sowohl im Zivilprozess als auch im Arbeitsverfahren relevant sind. Ich würde mir insbesondere noch einmal Stellvertretung, Wirksamkeit von Willenserklärungen, Abgabe und Zugang von Willenserklärungen anschauen. Zudem würde ich einmal 1-2 Stunden investieren, um das ArbGG durchzublättern, um zu gucken, wo Unterschiede zwischen ZPO und ArbGG liegen. Beispiel: Einspruchsfrist VU nur 1 Woche und nicht wie in der ZPO 2 Wochen. Ansonsten halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Prüfer eine Prüfung stellt, die schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht spielt. Ich würde mir lieber noch einmal einen Überblick über die ZPO verschaffen, anstatt viel Arbeitsrecht zu lernen. Ihr schafft das!

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen vom März 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.