Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begann die Prüfung mit der Frage nach den Verfahrensgrundsätzen des Zivilprozessrechts. Hierbei sollte jeder Prüfling zunächst der Reihe nach zwei Grundsätze in den Raum werfen. Im Anschluss wurden diese einzeln sehr intensiv und tief besprochen. Der Prüfer verwendete hierauf in etwa die Hälfte der Prüfungszeit. Im Anschluss teilte der Prüfer folgenden Sachverhalt aus: Person X hat von Person Y eine Wohnung angemietet. Die Wohnung befindet sich in einem Mehrfamilienhaus, das sich auf einem im Eigentum der Y stehendem Grundstück in Frankfurt befindet. Neben X wohnen noch andere Mietparteien in dem Mehrfamilienhaus. Der Fall spielt im Winter. Der Stadt Frankfurt obliegt die Räumung der Gehwege vor dem Mehrfamilienhaus. Dieser wurde auch weitestgehend geräumt. Vor dem Eingang des Hauses befindet sich aber noch ein kurzer Wegabschnitt auf dem Grundstück der Y, welcher umgeräumt ist. Beim Verlassen des Hauses stürzt X genau an der Grenze zum öffentlichen Gehweg. X sucht hieraufhin einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin auf und bittet darum, mögliche Ansprüche gegen Y zu prüfen. Der Prüfer fragte sodann zunächst nach einer möglichen Anspruchsgrundlage. Hier wurde §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB genannt. Dieser Anspruch wurde sodann im Einzelnen durchgeprüft, wobei bezüglich der Pflichtverletzung von einer Kandidatin ausgeführt wurde, dass möglicherweise eine etwaige Räumungspflicht der Mieter in der Hausordnung steht und Y als Vermieterin eine Art Überwachungspflicht verletzt haben könnte. Sprich sie weiterhin dafür Sorge tragen muss, dass die Mietparteien im Haus ihrer Räumungspflicht nachkommen. Hinsichtlich des Verschuldens kamen wir zu dem Ergebnis, dass dies nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet wird und Y sich nicht exkulpieren kann. Für den Schaden wollte der Prüfer zunächst, dass wir den Sachverhalt durch Fragen an ihn noch ausschmücken. Hier wurde bspw. gefragt, ob X sich verletzt hat, ob sie im Krankenhaus war, ob sie Schmerzmittel nehmen musste, ob sie arbeitsunfähig war. Mit diesen Angaben wurde sodann der Schaden nach §§ 249 ff. BGB durchgeprüft und im Ergebnis ein Anspruch bejaht. Der Prüfer fragte sodann, was X nun machen könnte, nachdem Y jegliche Ansprüche von sich wies. Hier wurde zunächst das Mahnverfahren in den Raum geworfen, dieses aber vorliegend nicht zweckmäßig sei, da zu erwarten sei, dass Y Widerspruch einlegt und sich das Verfahren damit verzögert. Der Prüfer wollte dann noch wissen, wann man das Mahnverfahren gleichwohl einlegen sollte. Hier war die Verjährungshemmung nach § 204 BGB zu nennen. Sodann wurde auf den Klageweg verwiesen. Hier wurde noch kurz das Versäumnisurteil mit in die Prüfung eingeführt und durchgesprochen. Der Prüfer schilderte dann, wie nach einem für X positiven Ausgang des Verfahrens weiter zu verfahren sei. Hier wurde sodann die Zwangsvollstreckung durchgespielt, wobei dies sehr oberflächlich geschah. Dann war die Prüfung auch schon vorbei.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom September 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.