Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
10 |
Endnote |
11 |
Endnote 1. Examen |
8,4 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Straßenverkehrsrecht, Nötigung
Paragraphen: §21 StVG, §86 OWiG, §69 StGB, §240 StGB, §163b StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken, Fragestellung klar
Prüfungsgespräch:
Zuerst bildete der Prüfer einen kleinen (ausgedachten) Fall, wonach sein Führerschein nach § 94 StPO in Verwahrung genommen sei, er aber trotzdem gefahren sei. Dies sei rausgekommen, weil er „geblitzt“ worden sei und dafür auch einen Bußgeldbescheid bekommen habe und bezahlt habe. Zunächst wurde nach der Strafbarkeit gefragt -> § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG Dann wurde gefragt, wie man als Staatsanwaltschaft, bei der der Fall vorliegt, vorgehen könnte -> Anforderung Blitzer-Fotos bei der Verkehrsbehörde Dann ging es darum, ob die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit der Verfolgung als Straftat entgegenstehen könnte. Nach § 86 OWiG steht dies einer Verfolgung als Straftat aber nicht entgegen. Es wurde danach gefragt, wie der Staatsanwalt vorgehen könnte. Dabei wurde auf die Möglichkeit des Strafbefehlsverfahren eingegangen. Es wurden die Voraussetzungen abgefragt. Dabei wurde der Begriff des Vergehens (§ 12 StGB) gefragt. Es wurde nach der Geldstrafe gefragt. Dabei ging es darum, wie das Einkommen bestimmt werden könnte (Auskunftsersuchen bei Bank, Auskunftsersuchen bei BaFin). Es wurde nach den möglichen im Strafbefehl verhäng baren Rechtsfolgen gefragt. Es ging auch um den Einspruch. Dabei wurde auch nach der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) gefragt. Es wurde diskutiert, ob § 21 StVG – weil ja kein Regelbeispiel nach § 69 Abs. 2 StGB – eine Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, die den Fahrer als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erscheinen lassen, ist (ja, weil zusätzliche Straßenverkehrsverstöße wie Geschwindigkeitsüberschreitung). Dann ging es noch um vorläufige Maßnahmen: § 111a StPO und deren Voraussetzungen. Es sollte formuliert werden, dass der Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis für den Fall gestellt werde, dass Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt werde. Es ging auch um das Rechtsmittel gegen die Entscheidung nach § 111a StPO -> Beschwerde nach § 305 StPO. Dann bildete der Prüfer einen zweiten Fall: Auf der A2 fuhren mehrere Traktoren, die ihre Traktoren anhielten, um so gegen die Streichung der Subvention des Agrardiesels zu demonstrieren. Dabei weist der Autobahnabschnitt einen kurvigen Bereich, eine Bergkuppe, dichter Verkehr und Spurwechsel auf. Als Staatsanwalt werde man von der Polizei gefragt, was zu tun sei. Zunächst sollten in Frage kommende Straftaten geprüft werden. § 315b StGB scheidet mangels Außenangriffs und § 315c StGB mangels Vorliegens einer Katalognummer und auch mangels konkreter Gefahr aus. Es wurde die Nötigung nach § 240 StGB genannt. Kurz wurde noch eine Erpressung nach § 253 StGB angesprochen. Diese scheitert aber an dem Vermögensschaden bzw. der Bereicherungsabsicht (Traktorfahren wollen sich nicht an den entgangenen Gewinnen der im Stau stehenden bereichern). Es ging dann vertieft um Nötigung nach § 240 StGB. Zunächst wurde der Gewaltbegriff angesprochen. Weil die in Reihe stehende Traktoren schon für die direkt dahinterstehenden Fahrzeuge physisch und nicht nur psychisch unüberwindbar sind (insoweit etwas anders als sogenannte „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“), liegt Gewalt vor. Anschließend wurde die Verwerflichkeit nach § 240 Abs. 2 StGB diskutiert. Das Anliegen als solches (Subvention) ist angesichts des eingesetzten Mittels als verwerflich zu beurteilen. Unter dem Aspekt der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) könnte allerdings eine Verwerflichkeit entfallen. Es wurde aber bei der Abwägung eingewendet, dass der Aspekt der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in diesem Autobahnabschnitt hier zu beachten sei. Daher sei die Nötigung verwerflich. Schließlich wurde nach einem Vorgehen für die Polizei gefragt, um die Straftat zu verfolgen -> § 163b StPO (Identitätsfeststellung, dazu auch Durchsuchung möglich). Wegen der Anzahl an Traktoren und der geringen Anzahl an Polizeibeamten wurde nach anderen Möglichkeiten gefragt, hier konnte jeder Prüfling noch einen Vorschlag machen. Es wurde die Ungeeignetheit einer Kennzeichenerfassung (Fahrer nicht gleich Halter) und die Anfertigung von Lichtbildern gedacht.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen September 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.