Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
9,85 |
Endnote |
9,85 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage, insbesondere Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs. In der Begründetheit nur knapp auf § 4 BauNVO zu sprechen gekommen.
Paragraphen: §40 VwGO, §42 VwGO, §14 GG, §4 BauNVO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken
Prüfungsgespräch:
Zu Beginn hat uns die Prüferin einen Fall vorgelesen, in welchem es um K ging, die in einem allgemeinen Wohngebiet Mieterin in einer Wohnung im 6. Obergeschoss ist. In einem Park in der Nachbarschaft in 25 Meter Entfernung befindet sich ein Hundespielplatz, den ein Bürgerverein aufgrund eines Nutzungsvertrages mit der Stadt dort betrieb. Dieser war ursprünglich von 7 – 22 Uhr geöffnet, doch nach einem Gutachten über Schallimmissionen wurden die Öffnungszeiten reduziert, so dass er nunmehr werktags von 8 – 20 Uhr und Sonn- und feiertags 9 – 13 Uhr und 15 – 20 Uhr geöffnet ist. K meint, der Lärm vom Hundespielplatz sei zu laut, außerdem kletterten immer wieder auch außerhalb der Öffnungszeiten Leute über die Zäune, weshalb der Lärm teils auch nachts weitergehe. Somit sei er unzumutbar, weshalb die Anlage unverzüglich geschlossen werden solle. Der Dezernent der Stadt entgegnete, dass der Lärm hinzunehmen sei, da er sich im Rahmen des Üblichen bewege und insbesondere das Hundegebell großstadttypisch sei. Kann K sich mit Erfolg an die Verwaltungsgerichte wenden? Wie üblich haben wir mit der Prüfung der Zulässigkeit begonnen. Schon die Prüfung der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg nahm dabei eine lange Zeit in Anspruch. Zunächst wurden ab- und aufdrängende Sonderzuweisungen verneint und die drei wesentlichen Theorien zur Bestimmung einer Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art genannt. Dann wurde jeder dieser Theorien näher beleuchtet und der Fall munter darunter subsumiert, bis die Reihe an mich kam und ich darauf hinwies, dass die Theorien die Abgrenzung anhand der streitentscheidenden Normen vornehmen, welche wir aber noch gar nicht spezifiziert haben. Daraufhin haben wir uns auf die BauNVO geeinigt und konnten nach der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs schließlich weiter prüfen. Doch bei der statthaften Antragsart wurde es nicht flüssiger. Es wurde überlegt, welches Begehr die K hat. Dabei kam uns auch Eilrechtsschutz in den Sinn, schließlich wollte K eine „unverzügliche“ Schließung der Anlage erreichen, doch auf Eilrechtsschutz wollte die Prüferin nicht hinaus. Dann wurde geprüft, ob K den Nutzungsvertrag mit dem Bürgerverein angreifen wollte, oder etwa einen Verwaltungsakt (Baunutzungsuntersagung) erzwingen wollte. Die Prüferin meinte aber, K wollte, das rein tatsächliche „Abschließen“ der Tore des Hundespielplatzes erreichen (was so aus dem Sachverhalt nicht deutlich wurde). Da dieses einen Realakt darstellt, war als statthafte Klageart also die allgemeine Leistungsklage einschlägig. Hier war die Prüferin die Bezeichnung als allgemeine Leistungsklage in Abgrenzung zur besonderen Leistungsklage in Form der Verpflichtungsklage wichtig. Im Rahmen der Prüfung der statthaften Klageart wurden wir außerdem noch recht ausführlich über die Subsidiarität der Feststellungsklage befragt. Dann war die Klagebefugnis analog § 42 II VwGO zu prüfen, wobei als möglicherweise verletztes subjektives Recht der K vor allem das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG genannt wurde, wobei der Unterschied zum privatrechtlichen Eigentumsbegriff aufzuzeigen war. Daneben kam noch eine Verletzung von Art. 2 II 1 GG in Betracht. Im Rahmen der Klagebefugnis war auch noch das „Sonderopfer“ der K anzusprechen sowie die damit verbundene Schwellentheorie zu nennen. Im Ergebnis war nicht auszuschließen, dass K einen öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruch gegen die Stadt hatte und die Klagebefugnis daher zu bejahen. Hier näherte sich die Prüfungszeit schon dem Ende, weshalb wir noch schnell in die Begründetheit gesprungen sind. Im Rahmen der Begründetheit konnten wir aufgrund der wenigen verbleibenden Zeit nicht mehr ordentlich strukturiert prüfen, sondern haben schnell festgestellt, dass in § 4 II Nr. 3 BauNVO auch Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke als in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig normiert sind und haben dann vor allem im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung Argumente für und gegen eine Schließung des Hundespielplatzes genannt und abgewogen. Da die Zeit dann auch schon vorbei war, musste dieser Teil eher oberflächlich bleiben. Als Ergebnis wurde noch festgehalten, dass die Klage der K zulässig, aber unbegründet ist.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen vom September 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.