I. Vollständiges Obsiegen/Unterliegen im Zweiparteienprozess
Obsiegt eine Partei vollständig und unterliegt die andere vollständig, so hat die die unterliegende Partei gem. § 91 I ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Sie hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
II. Teilweises Obsiegen/Unterliegen
Dringt keine Partei mit ihrem Rechtsschutzziel vollständig durch, so sind die Kosten nach § 92 I ZPO grundsätzlich gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen.
Bei der Aufhebung der Kosten gegeneinander hat jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, die gerichtlichen Kosten (Gebühren/Auslagen) werden nach § 91 I 2 ZPO zur Hälfte geteilt. Eine Kostenaufhebung kommt nur bei hälftigem Obsie-gen/Unterliegen in Betracht.
Kommt eine Aufhebung der Kosten gegeneinander nicht in Betracht, so muss das Gericht die Kosten angemessen quoteln, also abhängig vom Teil des Obsiegens und Unterliegens aufteilen.
Von diesen Grundsätzen kann das Gericht nach § 92 II ZPO jedoch auch eine Ausnahme machen. In diesem Fall ist die Kostenentscheidung auch über die Nennung der Vorschrift hinaus zu begründen.
Für die Bestimmung des Verhältnisses von Obsiegen und Unterliegen ist auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch abzustellen, wobei der Gebührenstreitwert nach h.M. den Maßstab darstellt. Der Gebührenstreitwert bestimmt sich nach § 3 GKG i.V.m. § 3 – 9 ZPO, soweit nicht die Sondervorschriften der §§ 39 ff. GKG eingreifen. Entscheidend ist, welchen Anteil der Teilerfolg einer Partei daran ausmacht. Zu diesem Zweck ist der auf den Teilerfolg jeder Partei entfallende Teilstreitwert zu ermitteln und zum Gesamtstreitwert ins Verhältnis zu setzen (Musielak-Wolst, § 92 ZPO, Rn. 4).
III. Kostenentscheidung bei Anerkenntnis durch den Beklagten
Erkennt der Beklagte den Anspruch des Klägers sofort nach Klageerhebung an, so muss er gem. § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens nicht tragen, wenn er keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Kläger versäumt hat, den Beklagten in Verzug zu setzen und statt der Mahnung nach § 286 I 2 BGB unmittelbar Klage eingereicht hat. Erklärt der Beklagte dann nach Zustellung der Klage an ihn umgehend, dass er den Anspruch anerkenne, so wird er zwar mit Anerkenntnisurteil gem. § 307 ZPO verurteilt, gleichwohl muss der Kläger nach § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Problematisch ist jedoch, wann von einem sofortigen Anerkenntnis die Rede sein kann und in welchen Fällen der Beklagten tatsächlich keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
1. sofortiges Anerkenntnis
a) Anerkenntnis
Der Beklagte muss den prozessualen Anspruch ohne Vorbehalte und Bedingungen anerkennen. Dies schließt nicht aus, dass er beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Verlangt der Kläger Leistung Zug-um-Zug, darf der Beklagte mit dieser Einschränkung wirksam anerkennen.
Ein Teilanerkenntnis führt hinsichtlich des anerkannten Anspruchsteils zur Kostentragung durch den Kläger, wenn die sonstigen Voraussetzungen nach § 93 ZPO vorliegen. Das Teilanerkenntnisurteil enthält keine Kostenentscheidung. Diese ist im Schlussurteil einheitlich zu treffen. Dort ist zu quoteln und hinsichtlich des nicht anerkannten Anspruchs nach §§ 91, 92 zu entscheiden (vgl. Mu-sielak-Wolst, § 93, Rn 3).
b) sofort
Ein sofortiges Anerkenntnis muss grundsätzlich im ersten Verhandlungstermin noch vor Beginn der streitigen Verhandlung erfolgen. Die ist Ausfluss des sich aus § 128 I ZPO ergebenden Mündlichkeitsprinzip. Allerdings ist ein Anerkenntnis auch im ersten Verhandlungstermin nicht mehr als sofortiges anzusehen, wenn der Beklagte zur Klageabweisung beantragt. Es schadet sogar schon, wenn er einen Klageabweisungsantrag schriftlich angekündigt hat oder den Klageanspruch in einer Klageerwiderung bestritten hat. Dies gilt auch, wenn er bislang nur im Prozesskostenhilfeverfahren materielle Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch erhoben hat (vgl. Musielak-Wolst, § 93, Rn 4).
2. kein Anlass zur Klageerhebung
Zur Erhebung der Klage hat der Beklagte dann Veranlassung gegeben, wenn er sich, ohne dass es auf sein Verschulden ankäme, vorprozessual so verhalten hat, dass der Kläger annehmen musste, ohne Anrufung des Gerichts sein Ziel nicht erreichen zu können. Anlass gibt deshalb derjenige, der trotz Mahnung nicht leistet, von sich aus ernsthaft und endgültig die Leistung verweigert oder sich sonst in einer Weise verhält, dass der Anspruchsberechtigte aus seinem Verhalten schließen muss, er werde nur im Klagewege seinen Anspruch durchsetzen können. Für die Beurteilung kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an, auf die das Anerkenntnisurteil ergeht. Die Beweislast dafür, dass er keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, trifft grundsätzlich den Beklagten (vgl. Musielak-Wolst, § 93, Rn 2).
Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) September 2013