Protokoll der mündlichen Prüfung zum 1. Staatsexamen – NRW Januar 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW vom Januar 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 34 34 34 24
Zivilrecht 12 7 9 6
Strafrecht 6 7 9 6
Öffentliches Recht 9 7 9 6
Endpunkte 9 7 9 6
Endnote 7 6 7 5

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen:  FFK, ein wenig GG samt Europabezug, letzterer aber nur sehr wenig. PolG NRW, VwVfG NRW,

Paragraphen: §16a GG, §113 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge, ein Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer eröffnete die Runde mit einem aktuellen Thema. Er ging zunächst auf die Flüchtlingsproblematik ein und schilderte das nach den aktuellen Diskussionen über Obergrenzen wohl im Hintergrund bereits juristisch eine solche geprüft würde (keine Fiktion – nach dem Prüfer entsprach dies bis hierin der Tatsachenlage). Dann kam er zu dem von ihm fiktiven gestellten Szenario: Im Asylverfahrensgesetz (nun AsylG) sollte der §3 einen Absatz V bekommen, in dem eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr normiert wird.

Jetzt ging es um den 200.000 und ersten Flüchtling der nach der Obergrenze keine Möglichkeit hat auf Asyl. Der Prüfer wollte nun wissen ob dieser fiktive Abs.5 rechtmäßig wäre. Wir nannten zunächst Art.16a GG und gingen dabei darauf ein, dass man diesen evtl. ändern müsste. Gem. Art. 79 III GG wäre dies grds. möglich, da lediglich Art. 1 UND Art.20 GG unveränderbar sind. Damit war der Prüfer schon mal zufrieden. Allerdings wollte er noch mehr wissen. Es gab nun einen ganz kleinen Ausflug ins Europarecht. Und zwar lenkte der Prüfer unsere Aufmerksamkeit auf das „Abkommen vom 28. Juli 1951“ aus Abs. 1 des §3 AsylG. Danach wäre es unter Umständen nicht möglich einen Abs.5 mit einer Obergrenze einzufügen, da dieser gegen das Abkommen verstoßen würde. Leider weiß ich nicht mehr genau wie wir darauf gekommen sind, aber es wurde in diesem Zusammenhang noch die Grundrechte Charta der EU genannt und ein Bezug hergestellt.

Letzten Endes sagte uns Herr Weisel, dass es rechtlich sehr schwierig wäre eine solche Obergrenze zu normieren in Deutschland. Damit war die Aufwärmrunde beendet.

Der Prüfer stellte nun folgenden Fall: Der A kommt in unsere Kanzlei und schildert, dass er folgende Verfügung von der Polizei erhalten habe, vor 5 Tagen: Ein Wohnungsverbot und Rückkehrverbot zum Schutz der Stieftochter für die Dauer des Aufenthaltes seiner Frau im Krankenhaus, längstens aber für 10 Tage.

Der A ist zudem Sozialhilfeempfänger und kann sich einen Anwalt nicht leisten. Daraufhin wurde die Prozesskostenhilfe aus §166 VwGO genannt i.V.m. mit den einschlägigen ZPO Normen. Damit wäre ein Mandat möglich. Gefragt wurde dann nach der Möglichkeit des A gegen diese Verfügung vorzugehen.

Wir prüften die Zulässigkeit der Anfechtungsklage, subsumierten vorab allerdings, dass das VwVfG NRW einschlägig ist, da die Gefahrenabwehr in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Diese war relativ unproblematisch zu bejahen. Gestützt wurde die Klage auf eine mögliche subj. Rechtsverletzung aus Art. 11 GG. Zur Begründetheit kamen wir nicht mehr, da der Prüfer nun den Fall erweiterte: Die Stieftochter des A hatte gegenüber der Polizei angegeben mehrfach von A geschlagen worden zu sein und mit weiterer Gewalt bedroht worden zu sein. Daraufhin erließ die Polizei gegenüber A die Verfügung. Der A entgegnete, dass die Stieftochter lügen würde und dass die Beamten doch seine Frau anrufen sollten, diese würde seine Aussage bestätigen können.

Daraufhin sagten die Beamten nur, dass dies jeder sagen könne und beließen es dabei. Wieder ging es um eine rechtliche Beratung des A, der aber erst nach Ablauf der Verfügung zu uns kam.

Wir prüften die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfestellungsklage §113 I 4 VwGO, da es um eine mögliche, erledigte Anfechtungsklage vor Klageerhebung ging. Das Festellungsinteresse wurde etwas ausführlicher geprüft aber alles in allem ging die Zulässigkeit durch. Wir kamen zur Begründetheit.

Kurzer Hinweis auf den Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 III GG und Nennung des §34a PolG NRW.

Bei der formellen Zuständigkeit war nur das Verfahren, die Anhörung gem. §28 VwVfG NRW, problematisch. Eine solche könnte in der Aussage des A ggü. der Beamten zu sehen sein. Abgelehnt wurde dies aber, da eine Anhörung gem. §28 I VwVfG NRW VOR Erlass des VA vorgenommen werden muss. Dies war hier nicht der Fall. Also prüften wir ob der Verstoß geheilt worden ist durch eine nachträgliche Anhörung gem. §45 I Nr.3 VwVfG NRW. Dies lehnten wir ab, da sich die Behörde nicht sachlich mit der Aussage des A auseinandergesetzt hatte, sondern lediglich durch kurze Aussage der Beamten abblockten. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit musste der Prüfer den Fall an dieser Stelle abbrechen und stellte eine letzte Frage: Was wäre dem A zu raten, wenn er wie im Ausgangsfall bereits nach 5 Tagen zu uns käme und er gegen die Verfügung effektiv und zeitnah vorgehen möchte. Wir nannten §80 V VwGO, da in der Hauptsache eine Anfechtungsklage zulässig wäre. Damit war die Prüfung beendet.

Viel Erfolg !

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