Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Niedersachsen im Juni 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im Juni 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 51,5
Aktenvortrag 9 12 10 10
Prüfungsgespräch 13,25 13 13 13,5
Endnote 8,65 7,93 9,07 8,80
Endnote (1. Examen) 8,84

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Prozesskostenhilfe, Deliktsrecht, Schadensecht

Paragraphen: §114 ZPO, §823 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Fragestellung klar

 

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer gab eine Kopie mit einem Bild aus, auf dem eine Straße mit angrenzendem Rad- und Fußweg zu sehen war. Auf dem in Privateigentum stehenden unmittelbar an den Weg angrenzenden Grundstück war ein großer Haufen mit Bauschutt.

Der K kam mit seiner Kohltour an dem Grundstück vorbei und stolpert über die Steine. Er schlug sich Zähne aus und zog sich eine Fraktur zu. Auch diesem Fall liegt eine echte Akte aus seinem Senat zugrunde, der Eindruck aus den Vorprotokollen kann in dieser Hinsicht also bestätigt werden. Er fragte noch, ob alle wüssten, was eine Kohltour sei, da ja eher in Norddeutschland üblich, was zu Gelächter führte.

Der Kläger stellte in der Klage 4 Anträge

  1. Schadensersatz (bereits um 25% durch eigenes Mitverschulden reduziert)
  2. Kostenvorschuss für eine noch durchzuführende Zahnarztbehandlung
  3. Kostenpauschale iHv 25 €
  4. Freistellung von künftigen Schäden, verursacht durch den Unfall

Etwas „angedickt“ wurde der Fall durch einen PKH-Antrag des Verletzen.

Um diesen sollte sich dann auch zunächst das Gespräch drehen. Es ging darum, dass bei der Angabe der Vermögensverhältnisse des Antragstellers ein Formular auszufüllen ist (§ 117 III, IV ZPO). Eine einfache Aufstellung reicht insoweit nicht. Wenn doch, was macht der Richter? Hinweis und bürgerfreundlich die Übersendung des Formulars bzw. die Mitteilung, wo dieses zu finden ist. Des Weiteren ging es um die Frage der Zustellung des PKH-Antrages an den Gegner, sowie um die Unterschiede zwischen bedingter und unbedingter Klage. Rechtsschutz gegen abgelehnten PKH-Antrag § 127 Abs. 2 sofortige Beschwerde, abweichende Frist von einem Monat. Im weiteren Verlauf ging es um die konkreten Voraussetzungen der PKH sowie um Probleme in Bezug auf den Datenschutz, wenn mit Übersendung des Beschlusses an den Gegner die Vermögensverhältnisse offengelegt werden. Zum Abschluss wurde noch auf § 123 ZPO hingewiesen, also das Risiko Kosten des Gegners übernehmen zu müssen.

Materiell rechtlich wurden die Anträge durchgeprüft. AGL ist § 823 I BGB mit Schwerpunkt auf der Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers. Es kam die Frage auf, ob die VSP gesetzlich geregelt sei.

Nein, es handelt sich um Richterrecht. Es war Argumentation gefragt, letztlich wurde sie bejaht. Der 1. Antrag war insbesondere aufgrund der bereits abgezogenen Mitverschuldensquote relativ unproblematisch.

Im Hinblick auf den 2. Antrag stellte sich die Frage, inwieweit der Kläger berechtigt ist, einen Kostenvorschuss zu verlangen. Hier hielten wir uns etwas auf, ohne richtig voranzukommen. Es wurden Vergleiche zum Verkehrsunfall gezogen. Letztlich ist dies wohl nur möglich, wenn der Kläger konkret vorträgt, ohne den Vorschuss nicht behandelt zu werden, allein aufgrund der PKH kann dies nicht angenommen werden. Antrag 3 und 4 wurden nicht mehr besprochen.

Zum Abschluss wurden noch kurz Ablaufmöglichkeiten des Zivilprozesses abgefragt, also im Hinblick auf einen frühen ersten Termin, schriftliches Vorverfahren bzw. in der Verhandlung selbst, die gütliche Streitbeilegung.

Alles in Allem war die Prüfung durchaus machbar. Detailwissen insbesondere bei der PKH wurde nicht erwartet, vielmehr konnte man gemeinsam eine Lösung entwickeln. Hierbei gab der Prüfer immer wieder Hilfestellungen und formulierte die Frage um, sofern man nicht sofort weiterwusste.

Viel Erfolg

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