Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen im Oktober 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im Oktober 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 7.37
Aktenvortrag 8 10 5 4 2
Prüfungsgespräch 11.33 12.3 6.3 6.5 11,66
Endnote 8.62 10 4.80 4.76 7.11
Endnote (1. Examen) 7.80

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Falschparker Fall, Arrest und einstweilige Verfügung

Paragraphen: §859 BGB, §823 BGB, §677 BGB, §916 ZPO, §935 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

A ist Eigentümer eines Hotels. An der Straße direkt vor dem Eingang des Hotels hat er zwei Parkplätze erworben. Diese wurden mit einem Schild versehen, dass es sich um Privatparkplätze handelt und dass unbefugtes Parken verboten sei. Dennoch parken ständig Nichtberechtigte auf den Parkplätzen. Dies stört A immens. Er hatte geplant die Parkplätze seinen Hotelgästen zur Verfügung stellen zu können.

Er wendet sich an einen Anwalt und fragt, was er tun könne.

Zunächst sollen wir verschiedene Handlungsmöglichkeiten und Anspruchsgrundlagen nennen.

Als Handlungsmöglichkeiten wurden unter anderem genannt: Anbringen einer Parkkralle, „zuparken“ des Falschparkers mit eigenem PKW, Abschleppen lassen des Falschparkers, Halteranfrage bezüglich des Falschparkers.

Es wurde zunächst recht allgemein und leicht konfus diskutiert. Wir kamen auf einen möglichen Unterlassungsanspruch zu sprechen, auf § 823 BGB und eine mögliche Geschäftsführung ohne Auftrag. Es verlief etwas schleppend. Bei § 823 Abs. 1 BGB wurde abgefragt, inwiefern ein Rechtsgut der Vorschrift betroffen sein könnte. Es wurde Eigentum genannt und verneint. Dann wurde auf den Besitz eingegangen und ob dieser ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstelle. Dies wurde jedenfalls für den rechtmäßigen Besitz bejaht. Allerdings erschien Schadensersatz als unpassende Rechtsfolge. Die Prüferin änderte den Fall dann dahingehend, dass der Hotelier nicht Eigentümer sondern Pächter des Grundstücks sei.

Dann wurde festgestellt, dass das Falschparken verbotene Eigenmacht darstellt im Sinne des § 858 BGB. Dem Hotelier steht damit das Selbsthilferecht gemäß § 859 BGB zu, um die Beeinträchtigung des Falschparkers zu beseitigen. Nicht gedeckt davon sind allerdings das Befestigen einer Parkkralle oder das Zuparken des Fahrzeugs, denn beides würde den rechtswidrigen Zustand ja nicht beseitigen sondern vielmehr perpetuieren. Problematisch könnte weiterhin sein, dass § 859 Abs. 3 BGB die Entsetzung sofort nach der Entziehung des Besitzes verlangt. Die Prüferin meinte aber, dass der Hotelier den ganzen Tag auf der Lauer liege und damit schnell reagieren könnte.

Dann kamen wir darauf zu sprechen, ob die Kosten für einen beauftragten Abschleppunternehmer vom Falschparker erstattet verlangt werden könnten. Geprüft wurden § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB. Es wurde diskutiert, ob 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz darstellt und bejaht. Dann wurde 823 Abs. 2 durchgeprüft und bejaht.

Anschließend wurde ein Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten aus GoA geprüft, §§ 683 S. 1, 667 ff. BGB. Durch das Abschleppen lag ein fremdes Geschäft vor. Das der Hotelier dabei auch eigene Interessen verfolgte, schadet insoweit nicht. Denn § 677 erfasst auch das sogenannte „auch fremde Geschäft“. Insoweit genügt, dass das Geschäft nach seiner äußeren Erscheinung nicht nur dem Handelnden, sondern auch dem anderen zugutekommt. Der FGW wird bei „auch fremden Geschäften“ nach der Rechtsprechung vermutet. Das Abschleppen erfolgte auch ohne Auftrag oder sonstige rechtsgeschäftliche Berechtigung. Etwas ausführlicher wurde dann über den „Willen des Geschäftsherren“ (§ 683 S. 1) diskutiert. Der wirkliche Wille ist nicht mehr zu erkunden. Daher ist auf den mutmaßlichen Willen abzustellen. Hierfür sind objektive Kriterien heranzuziehen. Das objektive Interesse des Falschparkers am Abschleppen könnte sich daraus ergeben, dass sein Parken auf dem fremden Grundstück rechtswidrig war. Gegen ein entsprechendes Interesse des Falschparkers sprechen aber die anfallenden Abschleppkosten. Allerdings könnte der (mutmaßliche) Wille ohnehin nach § 679 unbeachtlich sein. Dies wurde wiederum leicht konfus diskutiert und letztendlich bejaht.

Weiterhin diskutierten wir eine Fallvariante, in der der Falschparker nicht Halter des Fahrzeugs ist. Der Fahrzeughalter ist vielmehr der Vater des Falschparkers. Was ändert sich dadurch? Hier waren unter anderem die Begriffe Handlungs- und Zustandsstörer zu nennen und zu beschreiben.

Anschließend wechselten wir ins Zwangsvollstreckungsrecht. Hier wurden unter anderem Arrest und einstweilige Verfügung besprochen. Es war der Unterschied zwischen vertretbaren und nichtvertretbaren Handlungen darzustellen. Die gerichtlichen Zuständigkeiten wurden abgefragt, § 919 und § 937 ZPO. Auch fragte die Prüferin nach dem Unterschied zwischen Arrest und einstweiliger Verfügung. Der Arrest ist auf die Sicherung eines Zahlungsanspruchs gerichtet, während die einstweilige Verfügung sonstige Ansprüche, wie zum Beispiel auf Herausgabe, sichert.

Die Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO wurde besprochen. Wichtig war hier insbesondere, dass die Beweisaufnahme dabei auf präsente Beweismittel beschränkt ist.

Gefragt wurde auch nach den entsprechenden Rechtsbehelfen. Widerspruch nach § 924 ZPO falls der Arrest per Beschluss ergeht und Berufung falls er per Urteil ergeht; bei Vollstreckungshandlungen entweder Erinnerung nach § 766 oder sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO.

Dann war die Prüfung zum Glück geschafft.

Ich wünsche Euch viel Erfolg bei Eurer Prüfung!  Alles wird gut.

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