Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz im November 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im November 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3
Vorpunkte 7,75 4,7 5,9
Aktenvortrag 10
Prüfungsgespräch 10,4
Wahlfach 10
Endnote 8,54 5,5 5,8
Endnote (1. Examen) 7,14

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Beweisverwertungsverbote, Widerspruchslösung, echte Wahlfeststellung, Gefahr im Verzug, Unterlaufen der StPo Voraussetzungen durch Anwendung polizeirechtlicher Vorschriften

Paragraphen: §102 StPO, §136 StPO, §103 GG, §161 StPO, §19 PolG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, lässt Meldungen zu

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte uns den Fall, dass ein Autofahrer bei einer Verkehrskontrolle angehalten wurde. In dem Fahrzeug roch es nach Cannabis. Deswegen durchsuchten die Polizeibeamten das Fahrzeug.
Rechtmäßigkeit?
Ermächtigungsgrundlage war § 102 StPO. Hier liegt nach § 103 StPO ein Richtervorbehalt vor Ausnahme: Gefahr im Verzug.
Wir erarbeiteten wann in diesem Fall Gefahr im Verzug vorliegen müsste – > Wenn zu befürchten wäre, dass andernfalls Beweismittel weggeschafft werden könnten.
Hier wurde Gefahr im Verzug verneint. Der Fahrer hätte festgehalten werden können bis die richterliche Anordnung erfolgt wäre.
Zudem erörterten wir welche Verdachtsstufe für § 102 STPO nötig ist – Anfangsverdacht (WL).
Wir grenzten die präventiven Maßnahme der Polizei nach dem POG und die repressiven nach der StPO voneinander ab insbesondere vor dem Hintergrund des § 161 Abs. 2 stopp.
Für eine Maßnahme nach § 19 POG besteht kein Richtervorbehalt, für eine Maßnahme nach §102 STPO schon.
Fraglich war, ob die Polizei somit immer den Richtervorbehalt umgehen kann.
Wir diskutierten die verschiedenen Schutzgüter des POG und der StPO und dass diese nicht vergleichbar sind. Die Voraussetzungen der StPO müssen bei Eingriffen in die Schutzsphäre des Beschuldigten eingehalten werden.
Weiter schilderte der Prüfer den bekannten Fall, dass ein Strafrichter auf seinem Facebook-Account ein Bild von sich als Profilbild eingestellt hatte auf dem er ein T-Shirt trug mit den Worten „Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause – JVA“. Untertitelt wurde dieses Bild mit „Das ist mein ‚Wenn Du raus kommst, bin ich in Rente‘-Blick“.
Wir prüften eine Ablehnung des Richters wegen Befangenheit §§ 24 ff STPO und welcher Maßstab hierfür angelegt werden muss – ein objektiver – Richter muss nicht befangen sein „Besorgnis“ ausreichend.
Wir gingen die Voraussetzungen der Ablehnung durch und verfolgten diese im Revisionsverfahren weiter als absoluten Revisionsgrund.
Er wollte weiter wissen, was bei einer derartigen Verfahrensrüge vorgetragen werden muss – alles, damit Revisionsgericht Revisionsgrund überprüfen kann: unverzügliche Ablehnung, Zurückweisung, Mitwirkung des Richters bei Entscheidung….etc.
Schließlich fragte der Prüfer, wie immer, was denn gerade so bei dem Großen Senat für Strafsachen nach § 132 GVG vorgelegt wurde.
Wir besprachen die Problematik der echten Wahlfeststellung unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 GG. (Vorlage des 2. Senats unter Fischer)
Zudem wollte der Prüfer die Vorlage wegen der „qualifizierten Belehrung“ im Rahmen des § 252 STPO hören.
Zum Abschluss schilderte der Prüfer noch den kleinen Fall, dass A wegen einer Atemalkoholmessung eine Geldbuße erhalten hatte und gegen die Verwertbarkeit Widerspruch sowie gegen den Bescheid Einspruch eingelegt hatte.
Es hatte allerdings keine Belehrung über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung stattgefunden. Wir erörterten, ob § 136 StPO hier einschlägig sei und verneinten dies.
Wir fragten nach einer analogen Anwendung und kamen zu dem Ergebnis, dass das strafrechtliche Analogieverbot nur zulasten des Beschuldigten und im materiellen Strafrecht Anwendung findet.
Nicht hingegen hier – im Prozessrecht zugunsten des Beschuldigten.

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