Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz im November 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im November 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 5,0 8,625 7,4375 5,875
Aktenvortrag 14 11 7 9
Prüfungsgespräch 5,6 12,6 11,6 8,3
Wahlfach 11 12 10 8
Endnote 6,02 12,05 8,32 6,63
Endnote (1. Examen) 7,22

Zur Sache:

Prüfungsstoff:  protokollfest

Prüfungsthemen: Notwegerecht, Zuständigkeiten im Zivilprozess, Zusammensetzung der Gerichte, einstweiliger Rechtsschutz, Zwangsvollstreckung

Paragraphen: §917 BGB, §12 ZPO, §704 ZPO, §940 ZPO, §348 ZPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Obwohl ich aufgrund der aktuellen Rechtsprechung mit europarechtlichem Hintergrund einen Fall zu § 476 BGB erwartete, hat die Prüferin wieder einen Fall benutzt, den ich bereits aus dem Protokoll von November 2012 kannte. Es lohnt sich bei ihr also, alle Protokolle zu lesen bzw. wenigstens schnell zu überfliegen. Insgesamt gibt es ja nicht viele verschiedene Fälle bei ihr.
Die Prüfung startete mit der Beschreibung des Falles: In einem Dorf bei Frankenthal gibt es die Grundstücksnachbarn Frau Ast und Frau Baum. Frau Baum ist Eigentümerin des Grundstücks Hauptstraße 5, das direkt an einer Straße gelegen ist. Dahinter, ohne Straßenzugang, befindet sich das Grundstück der Frau Ast (Hauptstraße 7). Dieses Grundstück hat also keinen eigenen öffentlichen Zugang, der einzige mögliche Zuweg ist über das Grundstück der Frau Baum. Es geht nun um den Rechtsstreit der Eheleute Ast gegen Frau Baum.
Der erste Prüfling musste nun überlegen, welcher Antrag zu formulieren sei. Gedacht wurde an einen Duldungsanspruch der Benutzung. Gefragt wurde weiter, welche Klagearten es allgemein gibt: Leistungsklage, Unterlassungsklage, Feststellungsklage, Gestaltungsklage. Welche Klageart hier genau einschlägig war, wurde nicht aufgelöst (zwar wird eigentlich etwas aus dem Gesetz festgestellt (siehe unten), aber es handele sich nicht um eine Feststellungsklage). Der nächste Prüfling sollte nun überlegen, welche Duldungsansprüche es gibt. Es wurde die Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB genannt, wobei ich nicht glaube, dass die Prüferin wirklich darauf hinaus wollte, weshalb weitere Duldungsansprüche genannt werden sollte. Nach einem Anspruch aus dem Hypothekenrecht wurden schließlich die §§ 903 ff. BGB gefunden und darin der Notweg nach § 917 BGB (als Teil des Eigentums quasi), worauf die Prüferin auf jeden Fall auch hinaus wollte. Die nächsten Prüflinge mussten dann die Voraussetzungen nennen. die Prüferin bohrte hier besonders lange nach, was daran liegt, dass sie eine ganz spezielle hören wollte: In § 917 I BGB steht ausdrücklich das Wort „verlangen“ – das heißt, obwohl ein Anspruch schon nach dem Gesetz besteht, muss der Begünstigte, d.h. der Eigentümer des Grundstücks Ast, den Weg verlangen. Ein reiner Automatismus ohne jegliches Verlangen besteht also doch nicht. Das hat unter anderem die Gründe, dass man ja auch einmal klären muss, wo der Weg ist und eventuelle Ansprüche z.B. nach Absatz 2 zu klären sind. Warum das die Prüferin so wichtig war, ist mir nicht ersichtlich, war mir aber aus früherem Protokoll bekannt.
Der Fall ging weiter: Frau Baum ist gestorben, nun hat es ihr Sohn und seine Frau (?) im Eigentum.
Die neue Frau Baum logiert mit ihren Pferden auf dem Grundstück und nimmt dabei auch den Notweg in Anspruch. Frau Ast kommt vom Einkauf mit ihrem PKW und möchte sofort durch. Frau Baum aber macht ihr mit ihrem Pferd keinen Platz und meint, sie müsse gar nichts machen. Die Frage war nun, was Frau Baum machen kann, wie sie zu ihrem Recht kommt.
Ab hier war es eine etwas chaotische Prüfung und bis heute weiß ich nicht, worauf die Prüferin hinaus wollte bzw. was die richtige Lösung ist. Daher im Folgenden nur die Punkte, die von uns angesprochen wurde. In keiner Prüfung wurde uns aber Hinweise gegeben, ob wir auf dem richtigen Weg sind oder nicht – von daher alles ohne Gewähr:
Angesprochen wurde einstweiliger Rechtsschutz und Zwangsvollstreckungsverfahren.
Zum einstweiligen Rechtsschutz: Es mussten die Voraussetzungen genannt werden und die Zuständigkeiten. Das Problem: Frau Ast will ja jetzt sofort ihr Recht und nicht erst nach einem (wenn auch schnelleren) Verfahren.
Zum Zwangsvollstreckungsverfahren: Da Frau Ast ja schon einen Titel hat, ist an Zwangsvollstreckung zu denken. Man musste sagen wegen was und in was vollstreckt wurde und die entsprechenden Paragraphen nennen. Welche genau das waren, erinnere ich mich leider nicht mehr.
Auch wurde angesprochen, dass man den Titel noch umschreiben müsste auf die neuen Eigentümer, und wonach. Auch hier erinnere ich mich nicht mehr an alles.
Im Rahmen der Prüfung kamen wir schließlich noch auf die örtliche Zuständigkeiten nach §§ 12 ff. ZPO (allgemein, besonders, ausschließlich) und mussten dies auf den Fall anwenden (ich meine es war § 24 ZPO). Schließlich ging es auch ins GVG und es wurde die sachliche Zuständigkeit geprüft.
Auch wurde nach den verschiedenen Streitwerten gefragt (Zuständigkeitsstreitwert, Gebührenstreitwert, Rechtsmittelstreitwert). Obwohl ich bei der (einfachen) Frage total auf dem Schlauch stand, habe ich letztlich dadurch keinerlei Punkte abgezogen bekommen. Es kamen dann weiter allgemeinere Fragen auf, wann das LG und wann das AG zuständig ist und wie sie im Einzelnen besetzt sind (es wurde zwar nicht gesagt, aber sie wollte bestimmt auch Regel-Ausnahme-Verhältnis hören). Sie fragte ziemlich genau nach, obwohl ja eigentlich alles im Gesetz steht. Gut ist es aber, das auch so zu können oder schnell auf die Paragraphen zu springen (kann man sich ja gut markieren). Es wurde zudem kurz die Handelskammer angesprochen. Schließlich musste man auch unterscheiden können zwischen dem originären und dem obligatorischen Einzelrichter (§§ 348, 349 ZPO). Wie das in der Rechtsmittelinstanz ist, regelt § 350 ZPO.
Insgesamt war die Prüfung war also mehr dadurch gekennzeichnet, Grundsätzliches zu wissen, als Einzelheiten. § 917 BGB war nicht notwendig zu kennen (was die Prüferin auch ausdrücklich sagte), aber dann eben zu finden und anzuwenden.
Alles in allem möchte ich auf Folgendes hinweisen: Die Prüfung ging sehr schnell vorbei und der ganze Tage war durch schnelle Prüfungen gekennzeichnet. Man sollte also generell bei den Fragen auch der anderen konzentriert bleiben. Oftmals haben die Prüfer auch einfach die konkreten Schlagwörter hören wollen und ließen erst bei deren Nennung locker, auch wenn man vorher schon alles mit seinen eigenen Wörtern umschrieben hat. Allerdings sind die Schlagwörter auch meistens die, die man sowieso schon kennt, also ist das machbar. Ein weiterer wichtiger Tipp ist meines Erachtens, dass man versucht, strukturiert zu antworten (gerade im Öffentlichen Recht ist mir das aufgefallen). Z.B. sagen, was der Grundsatz ist und dann auf die Ausnahme springen. Sagen, was generell gilt und dann die Besonderheit im Fall nennen. Außerdem kann man auch die eigene Prüfung insofern lenken, dass man wenigstens versucht, sicher seine Antwort zu geben und zu argumentieren, selbst wenn man am Ende nicht 100 % sicher ist. Und oftmals schätzt man sich sowieso schlechter ein, als es die anderen wahrnehmen, da man natürlich auch nervös ist. Das fällt aber meist weniger auf, als man meint und ist auch völlig natürlich.
Viel Erfolg!

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