Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im März 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Wir waren bei der Prüfung zu Dritt, so dass die Prüfung eine dreiviertel Stunde plus fünf Minuten Schwerpunktprüfung (Handels- und Gesellschaftsrecht) dauerte. Der Prüfer schilderte folgenden Fall:
Die beiden Söhne Albert (A) und Markus (M) der verstorbenen E erben jeweils hälftig. Zu dem Nachlass gehört auch ein Grundstück mit einem Haus. A beauftragt eine Maklerin mit der Veräußerung seines Erbteils. Diese fand den Käufer K, an den A vor einem Notar seinen Erbteil veräußert und übereignet. Es wurde vereinbart, dass die Vergütung der Maklerin von dem Erwerber zu zahlen ist. M übte sein Vorkaufsrecht aus. Die Maklerin verlangt von ihm nun Zahlung von 3000 Euro. Üblich wäre jedoch ein wesentlich geringerer Betrag gewesen (zu diesem Problem kamen wir nicht mehr).
Der Prüfer wollte zunächst wissen, ob wir den Sachverhalt verstanden hätten. Im Anschluss hieran wollte er wissen, aus welcher Anspruchsgrundlage die Maklerin einen Zahlungsanspruch haben könnte: § 652 Abs. 1 BGB.
Anschließend wurde herausgearbeitet, dass zwischen A und K kein Kaufvertrag über ein Grundstück geschlossen wurde, sondern ein Kaufvertrag über seinen Anteil am Nachlass. Ein Verkauf und Übereignung des Grundstücks allein, wäre dem A nicht möglich gewesen (s. § 2033 Abs. 2 BGB), da zwischen ihm und seinem Bruder M eine Gesamthandsgemeinschaft vorliegt. A hat folglich gerade kein Miteigentum an dem Grundstück, sondern das Eigentum ist gesamthänderisch gebunden und nur eine Verfügung von A und M gemeinsam ist möglich. In diesem Zusammenhang wurde die Gesamthandsgemeinschaft zur Bruchteilsgemeinschaft abgegrenzt.
Der Prüfer fragte, in welchem Bereich man noch auf eine Gesamthandsgemeinschaft treffe. Antwort: BGB-Gesellschaft, wobei es sich hier nicht um eine Gesamthandsgemeinschaft handelt, da die GbR selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann, allerdings ist sie einer Gesamthandsgemeinschaft angenähert. Ebenso sind auch die übrigen Personengesellschaften einer Gesamthandsgemeinschaft angenähert. Dann wurde noch die eheliche Gütergemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft genannt.
Nach § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB darf jeder Miterbe über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen.
Der Prüfer wollte wissen, welcher Form ein Kaufvertrag über den Anteil am Nachlass bedarf. Aus § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich ein Formerfordernis (notarielle Beurkundung) lediglich für das Verfügungsgeschäft. Dem Wortlaut nach jedoch nicht für das Verpflichtungsgeschäft. Wir kamen zunächst auf § 311b BGB zu sprechen und kamen zu dem Schluss, dass der Verkauf des Erbteils weder unter Abs. 3 noch Abs. 4 der Vorschrift subsumiert werden kann. Nun schlugen wir vor, dass sich ein Formerfordernis aus § 311 b Abs. 1 BGB ergeben könnte, da zum Nachlass auch ein Grundstück gehört und A sich damit letztlich durch den Verkauf seines Erbanteils auch dazu verpflichtet, das Eigentum an diesem Grundstück zu übertragen. Dann wurde vorgeschlagen, dass, da nach § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB das Verfügungsgeschäft der notariellen Form bedürfe, auch das Verpflichtungsgeschäft dieser Form bedürfe. Letztlich machte uns der Prüfer auf § 2371 BGB aufmerksam, wonach der Vertrag, durch den die Erbschaft verkauft wird, der notariellen Beurkundung bedarf.
Es ging damit weiter, dass der Makler nicht beim Notar dabei gewesen sei. Verträge jedoch häufig eine Maklerklausel enthielten, die dem Makler einen Maklerlohn zusprechen. Hierbei handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter zwischen A und K nach § 328 BGB.
Dann kamen wir auf das Vorkaufsrecht zu sprechen, das M ausgeübt hat. Dieses ergibt sich aus § 2034 Abs. 1 BGB. Wir erwähnten auch kurz das schuldrechtliche und das dingliche Vorkaufsrecht.
Er wollte dann ein weiteres Vorkaufsrecht wissen, mit dem er es täglich zu tun habe: von uns kam der Vorschlag das Vorkaufsrecht des Mieters im Mietrecht. Letztlich wollte er auf das Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand nach § 25 BauGB hinaus.
Dann war die Frage, gegenüber wem das Vorkaufsrecht auszuüben sei. Hier wollte der Prüfer auf § 2035 Abs. 1 BGB hinaus. Danach konnte M sein Vorkaufsrecht nach dem Verkauf des Erbanteils von A an K nur gegenüber K ausüben. Das Vorkaufsrecht gegenüber A ist durch den Verkauf des Erbanteils erloschen.
Abschließend wollte der Prüfer wissen, warum der Gesetzgeber ein Vorkaufsrecht im Erbrecht eingeführt hat. Hier wurde argumentiert, dass es sich bei einem Nachlass häufig um persönliche Dinge (wie auch vorliegend beispielsweise das Haus) handelt, die man gerne (in der Familie oder unter Freunden) bewahren möchte und nicht in Händen Dritter sehen möchte.
Im Anschluss prüfte der Prüfer noch einen Prüfling in seinem Schwerpunkt Handels- und Gesellschaftsrecht. Er wollte wissen, was der Prüfling zur UG (haftungsbeschränkt) sagen kann. Hier wurde kurz auf die Einführung durch das MoMiG eingegangen. Der deutsche Gesetzgeber hat die UG (haftungsbeschränkt) eingeführt als Reaktion auf die englische Limited. Aufgrund der Freizügigkeit in der EU und der Niederlassungsfreiheit hatten immer mehr Unternehmen diese Form gewählt. Die UG (haftungsbeschränkt) ist eine GmbH mit einem geringeren Stammkapital als den üblichen 25.000 Euro. Dann wollte er noch wissen, warum der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1a GmbHG ein vereinfachtes Gründungsverfahren vorgesehen hat. Als Anlage zum GmbH-Gesetz findet sich ein Musterprotokoll, das hierzu verwendet werden muss gem. § 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG. Da auch viele kleinere Unternehmen, die Rechtsform der GmbH wählen, soll ihnen so ein günstigeres Verfahren ermöglicht sein. Denn die Notarkosten sind hier geringer.
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