Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 1. Staatsexamen – Baden-Württemberg vom Dezember 2020

Bei den nachfolgenden Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom Dezember 2020 im ersten Staatsexamen in Baden-Württemberg. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächnisprotokoll:

Es war die Entscheidung des Gerichts zu entwerfen. Erlassen waren vorl. Vollstreckbarkeit, Streitwertfestsetzung, Rubrum, Tatbestand, Rechtsmittelbelehrung

Am 23.06.20 (selber Tag Zugang) wurde Klage beim LG Ravensburg eingelegt. Die Klägerin war eine GmbH mit Sitz in Ravensburg und forderte vom Kläger 23.000 EUR + 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Am 03.05.10 wurde zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über 3 Eigentumswohnungen geschlossen zum Preis von 300.000 EUR. Diese wurden am selben Tag abgenommen und der Kaufpreis war fällig. Am 4.06.10 zahlte der Beklagte eine Abschlagszahlung von 277.000 EUR. Der Kläger macht mit dem Klageanspruch die verbleibenden 23.000 EUR geltend.
Am 25.06.20 wurde die Sache dem Einzelrichter übertragen und schriftliches Vorverfahren angeordnet. Am 03.07.20 wurde die Klage dem Beklagten zugestellt. Nachdem am 22.07.20 keine Verteidigungsanzeige einging, erging am 23.07.20 Versäumnisurteil, welches der Beklagten am 31.07.20 und dem Kläger am 01.08.20 zugestellt wurde. Auf Klägerseite wurde es an eine Frau Föhr zugestellt, die in den Geschäftsräumen des Klägers angetroffen wurde.
Mit Fax vom 17.08.20 legte der Beklagtenvertreter per Telefax Einspruch und Widerklage ein. Der Beklagte machte geltend, dass er durch Fax vom 08.06.10 den Kaufpreis um 25.000 EUR gemindert hat, da geplante Dekontaminationsarbeiten nicht erforderlich waren. Der Geschäftsführer der Klägerin hat das Schreiben am 26.06.10 mit „zur Kenntnis und anerkannt“ unterzeichnet und an den Beklagten zurückgeschickt. Nach erneuter Unterschrift durch die Beklagte nochmals Sendung per Fax an Kläger. Außerdem sei bei der Auflassung vereinbart worden, dass der Beklagte die Abschrift der Auflassungserklärung erst übergeben werden soll, wenn die Zahlung an den Kläger erfolgt. Zudem erhob er die Einrede der Verjährung. Widerklagend machte der Beklagte Rückzahlung der Zuviel bezahlten 2.000 EUR + Zinsen geltend.
Durch Verfügung des Richters am 21.08.20 wurde bekannt, dass das Telefax aufgrund einer technischen Störung auf Seiten des LG am 17.08 gespeichert aber erst am 18.08 ausgedruckt. Außerdem wurde per Telefax nur Seite 2 und 3 übermittelt. Seite 2 begann mit der Begründung. Der Originalschriftsatz ging am 18.08.20 beim LG ein.
Mit Schriftsatz vom 26.08.20 rügte die Klägerin die Unzulässigkeit des Einspruchs und wies darauf hin, dass Dekontaminationsarbeiten lt. Klägerseite nicht vorgesehen waren und die Urkunde darauf hinweist, dass ohne Altlasten und schädliche Bodenveränderungen veräußert wurde. Außerdem sei die Minderung mangels notarieller Form unwirksam. Im Übrigen wird für die Widerklage die Verjährungseinrede erhoben. Weitere Verteidigung sei nicht notwendig.
Mit Schriftsatz vom 01.09.20 beantrage der Beklagte hilfsweise Widereinsetzung in den vorigen Stand. Der Beklagte ist der Ansicht, dass es ausreiche, dass das Telefax die Unterschrift des Bevollmächtigten enthalte und keine weiteren Anforderungen notwendig seien. Außerdem machte er durch anwaltliche Versicherung deutlich, dass er seine langjährige und zuverlässige Bürokraft zur Übersendung per Telefax beauftragte. Diese sollte anschließend das Sendeprotokoll überprüfen und erst dann die Frist auf dem Kalender löschen. Dieselbe Bürokraft hat auch Abends per generelle Kanzleianweisung den Fristenkalender überprüft. Hierbei ist nicht aufgefallen, dass der Sendebericht nur Seite 2 und 3 umfasst.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.11.20 wurde der Kläger informatorisch dazu angehört, welche Stellung Frau Föhr zukommt. Sie sei angestellte Architektin und sei laut Arbeitsvertrag nicht zur Entgegennahme befugt. Sie hat auch keine leitende Position inne.
Der Beklagtenvertreter rügt vor der Antragsstellung noch die Zuständigkeit des Gerichts, da der Kläger am 17.09.20 von Ravensburg nach Meersburg (LG Konstanz) gezogen ist. Die Wohnungen befinden sich in Friedrichshafen (LG Ravensburg).