Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur zum 1. Staatsexamen – Bayern vom März 2024

Prüfungsfach:  Zivilrecht

Gedächtnisprotokoll:

Es ging um einen Kaufvertragsabschluss im Fernabsatz. Die 17-jährige Tochter (T) handelte unter (nicht „im“) dem Namen ihres Vaters, des Käufers K. Es war aber Stellvertretungsrecht analog anwendbar, weil keine bloße Namenstäuschung, sondern eine Identitätstäuschung vorlag. Die vom Verkäufer G automatisch versandte Eingangsbestätigung war keine Annahmeerklärung, sondern diente der Erfüllung der Pflichten im „e-commerce“ (§ 312i S. 1 Nr. 3 BGB). Die Annahmeerklärung erfolgte erst durch die Versandbestätigung inkl. Rechnung, § 147 BGB. Der Vertrag war nicht nach § 312j IV BGB nichtig. Es lag zwar ein Verbrauchervertrag (§§ 312j ||, 310 III BGB) vor, aber G hatte seine Internetseite so gestaltet, dass die Schaltfläche nur mit den Worten zahlungspflichtig bestellen“ versehen war. Die Anforderungen des § 312g III BGB an den sog. „Bestell-Button“ waren damit erfüllt. Da T ohne Vollmacht handelte und eine Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins ausschied, war der Vertrag zunächst analog § 177 | BGB schwebend unwirksam, wurde aber von K rückwirkend genehmigt, §§ 182 |, 184 | BGB. Der spätere Widerruf der Genehmigung war wegen § 130 | S. 1 BGB nicht wirksam. Der wirksam zustande gekommene Kaufvertrag wurde aber nach § 355 | BGB wirksam widerrufen. Das Widerrufsrecht folgte aus §§ 312g I, 312c BGB (Fernabsatzvertrag). Die Erklärung des Widerrufs erfolgte per E-Mail nach § 355 | S. 2, 3 BGB zwar nicht innerhalb der 14-tägigen Frist des § 355 II BGB. Die Frist begann aber nach § 356 III S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 II S. 1 Nr. 1 EGBGB nicht zu laufen, weil die hierzu erforderliche Belehrung fehlerhaft war (es fehlte der Hinweis, dass für die Wahrung der Widerrufsrist die rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt), sodass das Widerrufsrecht erst 12 Monate und 14 Tage nach dem Zeitpunkt des Erhalts der Ware erlischt, § 356 III S. 2 BGB. Wegen des daher wirksam erklärten Widerrufs bestand kein Anspruch des G gegen K aus § 433 II BGB auf Kaufpreiszahlung.

Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom März 2024 im ersten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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