Prüfungsfach: Strafrecht
Gedächnisprotokoll:
Die 83-jährige B wohnt allein in ihrer Villa. Sie ist vermögend, aber hat kaum mehr Lebenslust. Nur ihr Enkel E bereitet ihr noch Freude. Er studiert und B unterstützt ihn hierbei finanziell großzügig. Dieser nutzt aber das Geld anderweitig und widmet sich kaum dem Studium. B erfährt, dass E exmatrikuliert wurde und stellt alle Zahlungen ein. B möchte sich ihr Leben nehmen und wendet sich dafür an ihren langjährigen Hausarzt H. H und B vereinbaren, dass er sie beim Sterbeprozess begleiten und betreuen wird und Schmerzen lindern oder verhindern soll. H verschreibt B ein Medikament, bei dessen Einnahme in einer Überdosis seiner Berechnung nach der Tod nach kurzer Zeit eintreten sollte. Er klärt sie über die Einnahme auf. Er verspricht keine Rettungsmaßnahmen zu ergreifen. B nimmt einige Monate später wohlüberlebt die tödliche Dosis des Medikaments ein und informiert H darüber. Kurz darauf erreicht E die Villa. Er hat sich entschlossen, sich Zutritt zu der Villa der B zu verschaffen und deren Münzsammlung zu entwenden, um sie anschließend zu veräußern. Er geht davon aus, dass B nicht da ist. Mit einem Brecheisen hebelt er die Terassentür auf. Er sieht die B am Boden liegen. Er erkennt, dass B in Lebensgefahr schwebt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch gerettet werden könnte. Er greift zum Telefon, um Hilfe zu holen, entschließt sich aber dagegen und will seinen Plan weiterverfolgen und Brunhilde sterben lassen. In diesem Moment und bevor der E den Notruf hätte absetzen können, trifft ihn unerwartet ein Fausthieb des H von hinten auf den Kopf. H dachte E möchte den Notruf wählen, das wollte H verhindern, weil B den H für die Verhinderung ihrer Rettung als Alleinerben im Testament einsetzten wollte. H brauchte das Geld dringend. Davon, dass E im Haus war, um die Münzsammlung zu stehlen, wusste H nicht. Rettungsmaßnahmen ergreift auch H in der Folge nicht, obwohl diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch zu einer Erhaltung des Lebens von B geführt hätten, was H auch annimmt. B stirbt. Frage: Wie haben sich E und H strafbar gemacht? Etwaige Strafanträge wurden gestellt. Außer Betracht bleiben: §§ 123, 221, 224, 227, 240, 246, 263, 266, 278, 303, 331 und 332 StGB.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom September 2022 im ersten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.