Prüfungsfach: Zivilrecht
Gedächnisprotokoll:
Teil I: Die Münchener Unternehmerin V verkauft und vermietet Kopiergeräte. K, der in München eine Druckerei betreibt, hat bereits mehrere Kopiergeräte von V gemietet und erworben. Im Juli 2022 verkauft V dem K in ihrem Ladengeschäft in München einen ihr gehörenden C2-Kopierer seinem Wert entsprechend zum Preis von 20.000,- €. Der Kaufpreis soll in 4 monatlichen Raten zu je 5.000,- €, die Ende September 2022, Ende Dezember 2022, Ende März 2023 und Ende Juni 2023 fällig werden, gezahlt werden. Es wird vereinbart, dass K erst dann Eigentümer werden soll, wenn er den Kauf- preis vollständig bezahlt hat. Der C2-Kopierer wird an K übergeben. Im August 2022 wird der C2-Kopierer, der infolge einer Unaufmerksamkeit eines Angestellten als bis Ende Juli 2023 an K vermietetes Kopiergerät erfasst wurde, von V noch einmal – unter Berücksichtigung des bis zum Ende der vermeintlichen Mietzeit erwarteten Wertverlusts – zum Preis von 15.000,- € an die D verkauft, die ebenfalls eine Druckerei in München betreibt. Zugleich vereinbart V mit D, die den Kaufpreis sofort begleicht, dass D Eigentümerin des C2-Kopierers sein soll und dass V ihr Recht, den C2-Kopierer von K herauszuverlangen, an D überträgt. K gerät im August 2022 finanziell unter Druck und bittet seinen in München wohnenden Freund F, ihm ein Darlehen zu gewähren. F ist hierzu nur gegen Stellung einer Sicherheit bereit. Anfang September 2022 einigen sich F und K darauf, dass F Eigentümer des C2-Kopierers sein soll, dieser aber weiterhin bei K verbleiben soll und von diesem genutzt werden darf. F darf aber den C2-Kopierer herausverlangen und verwerten, wenn K das von F zinslos gewährte Darlehen von 15.000,- € nicht spätestens im Juni 2023 zurückzahlt. K geht dabei irrig davon aus, dass ihm der C2-Kopierer bereits gehöre. Nachdem K im Juni 2023 das Darlehen nicht an F zurückgezahlt hat, verlangt F Anfang Juli 2023 von K die Herausgabe des C2-Kopierers. K gesteht ihm daraufhin nach gründlicher Durchsicht seiner Unterlagen, dass der C2-Kopierer noch nicht vollständig abbezahlt sei. Dabei schildert er auch, welche Vereinbarung er mit V getroffen hat und er die ersten drei Kaufpreisraten pünktlich und vollständig überwiesen habe. Von der letzten Kaufpreisrate habe er jedoch nur 4.000,- € aufbringen und überweisen können. F überweist daraufhin Mitte Juli 2023 die noch fehlenden 1.000,- € auf das von V in der Rechnung genannte und bislang von K bei Zahlungen an V verwendete Konto der V. Dabei verweist F auf die Restschuld von K im Verwendungszweck der Überweisung. Außerdem teilt er V per E-Mail mit, dass der überwiesene Betrag zur Tilgung dieser Restschuld bestimmt sei. Aufgrund der Zahlung bemerkt die Buchhaltung nun endlich, dass das Kopiergerät versehentlich doppelt veräußert wurde. V überweist daraufhin vier Tage nach der Gutschrift des von F überwiesenen Betrags auf ihrem Konto, die für V taggleich online und in dem vor Ort in der Bankfiliale ausdruckbaren Kontoauszug einsehbar war, ihrerseits 1.000,- € an F zurück. Zudem teilt sie in einer E-Mail an F und K am selben Tag mit, dass sie mit der Zahlung durch F nicht einverstanden sei, da nicht F, sondern K den restlichen Kaufpreis schulde. Außerdem erklärt V in dieser E-Mail, dass sie sich mangels rechtzeitiger vollständiger Zahlung der letzten Rate vom Kaufvertrag über den C2-Kopierer löse. Auf die Anfrage der D im Juli 2023 teilt V der D mit, der C2-Kopierer sei aktuell noch bei K. Im August 2023 erscheint D in der Druckerei des K und verlangt die Herausgabe des C2-Kopierers. Der überrumpelte K händigt der D den Kopierer „unter Vorbehalt abschließender gerichtlicher Klärung der Rechtslage“ aus, ohne ihr dabei zu erklären, dass er gar nicht Mieter, sondern Erwerber des Kopiergeräts ist. F fordert von D die Herausgabe des C2-Kopierers. D ist zu einer Herausgabe nicht bereit. Sowohl F als auch D sind der Auffassung, dass ihnen der C2-Kopierer gehöre.
Teil II: D bringt den C2-Kopierer nach Aushändigung durch K in ihr Druckereigeschäft in München und stellt ihn ihren Kunden zur Nutzung zur Verfügung. Am 6. September 2023 erscheint der Gerichtsvollzieher S in der Druckerei und pfändet im Auftrag des Gläubigers G aufgrund eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteils des Landgerichts München I, mit dem D zur Zahlung in Höhe von 15.000,- € verurteilt wurde, den C2-Kopierer, dessen Wert sich nunmehr auf 15.000,- € beläuft. Bei einem Telefonat am selben Tag mit F, in welchem F erneut die Herausgabe des C2-Kopierers von D verlangt, erzählt ihm D von der Pfändung. F fragt sich, ob und wie er gegen die Pfändung des C2- Kopierers vorgehen kann. Zivilrecht Vermerk für die Bearbeitung: In einem Gutachten, das – ggfs. Hilfs gutachtlich – auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind in der vorgegebenen Reihenfolge folgende Fragen zu beantworten: Zu Teil I: Kann F von D die Herausgabe des C2-Kopierers verlangen? Zu Teil II: Unterstellt, F ist Eigentümer des C2-Kopierers, wäre ein Rechtsbehelf des F gegen die Pfändung des C2-Kopierers zulässig? Hinweise zu Teil II: Auf Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes sowie auf § 865 ZPO ist nicht einzugehen. Die Begründetheit eines etwaigen Rechtsbehelfs gegen die Pfändung ist nicht zu prüfen.
Bei den obigen Klausurprotokoll handelt es sich um das Gedächtnisprotokoll einer echten Klausur vom September 2023 im ersten Staatsexamen in Bayern. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.